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liebe freunde -
fast zwei jahre lang lag ich nach der missglückten (augen) op gefesselt in der psychiatrie auf dem rücken und habe - unter ermangelung eines vernünftigen schreibgerätes - den roman 'Horrors Einsamkeit Reloaded' wort für wort aus fichtennadeln (die mir mein bettnachbar Patrick vom hofgang mitbrachte) an die wand gepostet. lediglich meine unerschütterliche hoffung von euch bevotet zu werden, half mir diese arbeit zu beenden ... oder anders gesagt: ab nun kann meine lebensqual bewertet werden, sonst komme ich hier nie wieder raus! und ob ihr das wollt?
... diese bitte, als text-nachricht, kann übrigens auch anderswo weiter verbreitet werden, denn freiheit ist ein gut - für das es sich lohnt, sich zu prostituieren; obwohl ich mich wegen des öbszönen wortes im tun ein wenig dafür schäme ...
Mit freundlichen Grüßen
Michael Köhn
’Horrors Einsamkeit Reloaded’
Die Romanfigur Patrick wird Wahrheit und Wirklichkeit. Es handelt sich dabei um jenen Patrick, der sich einst als Protagonist und Alter Ego des berühmten Schriftstellers Bret Easton Ellis eine Karriere zusammenmordete. Doch nicht nur deswegen, oder weil er von der internationalen Presse als Skandalschreiber, als Serienmörder gescholten wird ... nein, er wächst bei einer Lesung des Autors in Berlin aus dem Roman 'American Psycho’ hinaus, und ist in ’Horrors Einsamkeit’ Maneater und Serienmörder in Person. In 'Horrors Einsamkeit R.' kolportiere ich dazu B. E. Ellis als Schreiber von 'American Psycho'. Wobei die Wirklichkeit von mir (wie im Original) sarkastisch wie drastisch überzogen wird.
Hier stelle ich Ihnen in einzelnen Auszügen meine Romanarbeit ’Horrors Einsamkeit Reloaded’ vor. Eine Romanarbeit im Cut Up Stil; klicken Sie zwecks Erklärung Cut Up bitte auf: http://www.hgb-leipzig.de/ARTNINE/huber/aufsaetze/cutup.html
Ich? Ich bin lediglich eine Idee ... Es gibt keinen roten Faden!
Und Sie sollten sich darauf einlassen können, sonst geht sowieso alles den Bach runter.
Es ist mir zu eng, zu heiß und zu laut. Genervt stehe ich auf, gehe vor die Tür. Draußen schüttet es wie aus Eimern, Autos hupen, trotzdem kann ich Marianne Faithfuls ’Who will take my dreams away?’ ziemlich deutlich hören. Ein Mann, den ich nicht kenne, geht vorbei und grüßt mich mit einem Nicken. Ich antworte ’Hi’ und trotte zurück in die Kneipe, auf die Toilette, um mein Gesicht im Spiegel zu beglotzen. Heule, ohne Tränen zu vergießen ein bisschen, vielleicht die drei Minuten die eine Boxrunde dauert, kehre dann an den Tresen zurück. Dort, im Halbdunkel, sieht niemand mein aufgequollenes Gesicht, die gebrochene Nase, meine roten Augen, den Cut auf der Stirn und auch nicht deinen Abschiedsbrief. Nur das betrunkene Mädchen, das sich eben noch mit Gus unterhielt, dreht sich zu mir, lächelt mich strahlend an, nimmt Gus bei der Hand und beide gehen.
Mein Name ist Jimmi. Der von Copy & Paste. Das heißt, ich nenne mich ab und an so. Warum ich den Namen gewählt habe wissen Sie, wenn Sie ins Retro/Kino gehen, oder im TV einen stockigen Hollywoodschinken sehen, - denn dann kommt es Ihnen, von wegen Elia Kazan.
Wenn Sie nun flitzen, um zu googlen, weil Sie Kazan nicht kennen, ist das nicht weiter schlimm. Doch bleiben Sie nun nicht gleich bei ’Ein Baum wächst in Brooklyn’ hängen, oder bei ’Endlos ist die Prärie’. Nein, scrollen Sie weiter runter. Mann ... weiter runter ... runter ... Na bitte, geht doch! Nun haben Sie mein Bild. Ja - , ich bin’s! Trage wie Kazans Helden Stiefel aus Kalbsleder, hochgekrempelte Levis- Blue- Jeans, die ich genau auf Stiefelkante abschließen lasse, ’ne schwarze Lederjacke aus Beutelrattenleder, die edel ist und trotzdem was wiegt, denn aufs Gewicht kommt es bei guten Jacken an. Hab ’ne Goldkette um den Hals, die auch nicht ohne ist, ein samtenes Rider- T-Shirt drunter, dass meinen Body echt geil verpackt und von Brust und Armen was sehen lässt, weil ich drei Mal die Woche im Studio Eisen biege und beinahe doppelt so oft in der Kunstsonne liege – ja, und das Schönste, ich fahr bei Bedarf ’ne Harley, denn diese Dinger sind in Sekunden zu knacken, wenn man Ahnung hat - und die Mädels fliegen darauf auf so einem Bock gebumst zu werden. Was allerdings stört ist, dass ich nicht auf solche Mädels fliege, oder nur in extremen Notsituationen und, dass irgendwelche Leutchen, die mich sehen ohne mich zu kennen eher für einen Rock’n Roller, einen Zuhälter, DJ, oder was ähnlich bescheuertes halten; mich - Jimmi! Unglaublich!
Und ehrlich, Jesus starb zumindest für mich mit. Für meinen Traum von Ruhm, Reichtum und Glück. Und noch was, Leute, - ich bin echt anders als ihr mich seht, dass ist ja wohl klar Denn mein Aussehen ist lediglich ’ne Art Kostüm, ’ne Tarnung, - und ich habe auch nicht das Ziel Leute totzuschlagen, nur weil ich so gewalttätig aussehe - mit den paar Tätowierungen und dem Piercing an der Augenbraue. Nein, ich will Filmschauspieler werden. Oder Schriftsteller. Deswegen. Oder, wenn’s dazu nicht reicht, Sänger, Pornodarsteller, ein bekannter Onanist im Fernsehen, oder so was. Ein Star - jedenfalls - der fett Kohle abgreift und überall mächtig auffällt, dessen Name mit Foto täglich satt in der Presse steht und die Meute, wenn die mich ’face to face’ sieht, wie irre Jimmi! - Jimmi! - Jimmi! rufen lässt. Und Girls ein Kind von mir wollen. Schlüpfer werfen. BHs. Sich die Schamhaare rasieren um mir Schals daraus zu stricken. Eierwärmer. Weil ich es will ...
Mein Kumpel Hansi meint, bei meinem Talent hätte ich (auf alle Fälle - der benutzt im Zusammenhang mit meinem zu erwartendem Werdegang immer die Floskel ’auf alle Fälle’ ...) ein erfolgreicher Fußballer, Basketballspieler, Boxer, K1 Fighter oder Trickbetrüger werden können. Doch mal ehrlich, wer quält sich schon gerne den Arsch ab, macht seine Klamotten dreckig, oder liegt, wenn’s blöde läuft, Tage im Spital um Titanteile in seine Knochen implantiert zu bekommen? Ey, bin ich etwa pervers? Nein! Na siehste -, es geht auch ohne ... und ich bin der lebende Beweis. Ich, Jimmi! - Übrigens: Elvis lebt! Ich traf ihn neulich bei Hansi.
Hansi, mein bester Freund, ist auch Okay. Fast so Okay wie ich, - sonst wäre er ja nicht mein bester Freund. Hansi und ich kennen uns schon seit dem Kindergarten, dann Grundschule, Oberschule, wo wir beide sitzen blieben.
„Was gut werden will - muss reifen“, ist sein Spruch dazu. Er blieb wohl deshalb auch zwei Mal sitzen. Dann die Mechanikerlehre. Hansi ein Jahr nach mir. Danach trennten sich unsere Wege. Doch nie so ganz, denn einmal am Tag telefonieren wir. Mindestens!
Wenn ich an ihn denke, mit ihm spreche, führe ich unsere Jungend spazieren. Den Rock’n Roll, Bill Haley und Elvis, - diese gefährlich geile Menage à trois, mit der wir groß geworden - und die uns zu ersten Klauereien von Zigaretten und Schnaps beim Kaufmann nebenan ermutigte ’every night before I go to sleep’. Darüber muss ich immer grinsen wenn der Song läuft - wirklich immer.
Hansi malt, - ist Kunstmaler, Autodidakt - und lacht gutmütig, wenn ich ihm vorschwärme Schauspieler oder Schriftsteller zu werden.
„Das erzählst du schon seit hundert Jahren! Nun mach doch mal endlich -, mach, werde ein Künstler!“
Hansi malt Bilder, die wie von Jackson Pollock inspiriert, denke ich. Für mich unverständliche Teile, und doch emotional mitreißend, denn durch seine Bilder lässt er wie mit der Gießkanne gegossene Farbe und Musik in meinen Alltag einfließen. Manchmal träume ich auch von diesen höllischen Bildern. Phantasiere in einem nervösen Lebens- Farb- Ton- Traum, - schwitze. Und ich glaube schon lange, es sind mehr die Plätze, als die Farben und Töne, vor denen ich Panik bekomme. Vor Menschen dort, deren Nacktheit -, wie die sich selber beschreiben. Diese monströsen, spiegelgleichen Körper. Titten, die Ähnlichkeit mit Garagen oder Krankenhäuser haben, je nachdem von wo aus ich hinsehe. Die aufeinander und übereinander liegen, ineinander verschachtelt sind, als ob sie kopulieren, sich rektal penetrieren, oder so. Dann wieder verstören mich andere seiner Werke: weiße Penisse, die wie lebende Leichen von Bruegel aussehen. Monströs lang gezogene Pimmel von Bälgern, die sich überall prostituieren, Drogen verkaufen, die Graffitis auf fahrende U-Bahnwagen sprayen, die nach dem Surfen auf U-Bahnen tot an der Erde liegen, ins Leere blicken und dadurch scheinbar endlos in sich ausgerichtet sind, egal wohin; ... sind so nackte kleine Tiere in Blau, die auf den Bildern platt, wie von Lastwagen überfahrene Riesenschlangen im Amazonas. Und davon gibt es auch welche in Grün und Braun, - die genauso beschissen aussehen. Hansi sagt ’meine blaue Periode Amazien’ dazu. Eigentlich zu Allen. Auch zu den grünen, braunen, toten, den beschissenen - und kippt Enzian direkt aus der Flasche in sich rein. Escorial, Hennessy, je nach Gusto.
Den Leuten, also seinen Käufern, scheint’s egal ob platt, tot, blau oder grün, braun, beschissen, die kaufen die kompletten U-Bahnwagen mit den abgetrennten Gliedmaßen daran, diese grauenvollen Bilder in den Bildern, die Lümmelpimmel, und das was er darüber sagt, oder nicht - und wäre es noch so blödes Sagen oder Schweigen über Gott- Vater- Tod persönlich.
„So ist das Leben, Jimmi, mal oben, mal unten“, orakelt Hansi in sein erfolgreiches Dasein irre Absturzgedanken, schmatzt selig in die Drinks hinein, als ginge ihn das andererseits nicht wirklich was an, sprudelt Blasen, und lässt sich innerhalb von Sekunden einen Bart stehen ..., erstaunlich, oder? Doch keine Frage - das Alles, der Erfolg und so, ist nach den vielen Jahren eines fast ereignislosen Lebens zu viel auf einmal. Er beginnt mehr und mehr zu trinken, wie ich an den Zucker- Enzian- Escorial- Hennessy- Flecken in seinem Bart bemerke, auf den versauten T-Shirts, den vollgebrunzten Unterhosen, die in seinem Bad herumliegen. Und manchmal pisst er einen davon absichtlich nass und wickelt sich den um den Kopf: „ ...wegen der Hitze“, sagt er; dabei friert er ständig. Egal, denn anders als üblich, und von mir erwartet, sind die Sauf- und Kackflecken noch mehr eine Chance und stören seine Fans nicht. Im Gegenteil, die bescheuerten T-Shirts und Unterhosen verkaufen sich rasant, und Hansi ackert ’mit Dope im Blut’ wie eine irre gewordene Hafennutte um die ranzuschaffen. Der sagt mir in eine Pause - nach einem Herzinfarkt - hinein: „Jimmi, auch du hast Eier - und bald wirst du Erfolg haben. Ich werde nämlich meine Beziehungen zu Enzian, Escorial und Hennessy spielen lassen, damit aus dir ein wirklich richtiger Jimmi wird. Also, Prost, auf deinen Erfolg, Junge!’“
Ich wusste immer, meine Zeit wird kommen, - man muss nur warten können, - und ich habe lange genug gewartet. Dass die Zeit allerdings durch Hansi für mich gebogen wird, und nun alles schwer von meinen Eiern abhängt, dass wäre mir im Schlaf nicht eingefallen. Doch egal - komm schon - komm schon - Ruhm und Erfolg, tobe ich in Vorfreude, denn ich bin bereit, siele meine Zunge viele hundert Mal durch die Enzians, Escorials und Hennessys Hansis. Doch eines der größten Rätsel aller Zeiten bleibt - und ist die Frage, was einen Star überhaupt ausmacht? Selbst von den besten Filmschauspielern, Musikern, Schreibern oder Malern werden nur wenige unsterblich. Gut, manche dieser Gaukler können Hand- Fuß- Bauch- oder sonstige Abdrücke in den berühmt berüchtigten Asphalt Hollywood/Santa Monica pressen. Und doch werden nur wenige das, was man eine Ikone nennt -, ist der schnelle Ruhm auch noch so heftig aufgepusht, die Nase bis auf die Knochen voll mit Koks ... Denn meist latschen irgendwelche idiotischen Gaffer mit Supermarkttüten in der Pfote völlig respektlos über die mehr als tausendundeinen Abdruck rüber ... Als ich dagegen neulich in Hollywood über den Sunset lief, war ich bemüht, nicht auf die Teile dieser Berühmtheiten zu treten. Erstens tut denen das weh, und zweitens wollte ich ja dort selber mal mein auszementiertes Teil ablegen. Und dann fände ich es auch nicht unbedingt geil, wenn einer der Pinscher mit Kacke am Schuh über mein Ding geht.
Ehrlich, für mich misst sich die menschliche Gesellschaft an der Art und Häufigkeit ihrer Selbst/Befriedigung - und dies nach dem Motto: Nur ich besitze das Maß für das, was richtig und was falsch ist im Leben, ob bei Mann, Kind, Haustier, Frau, Arbeit, Sport, Politik, Gesundheit, Kultur, usw. Und noch was: Onanie verhindert Leben, meine ich. Das finden Sie ein bisschen konfus, was? Und Sie glauben, ich spinne, fragen sich, wer ist das, der so was behaupten darf? Ganz einfach: Ich bin es, Jimmi, oder Patrick, oder auch Sie - ganz wie Sie wollen.
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Mit Webcam, Mausklick und Videomails castet Patrick eine junge, blonde Schauspielerin mit blauen Augen und mächtigen Logitech Pixeln für ein Date. Sie scheint zu allem bereit zu sein. Also sagt er ihr, was sie tun soll. Tut sie es zu seiner Zufriedenheit, schreibt er eine Zahl um die 8 aufwärts in seine Store Card. Doch zu 99,9 Prozent kommt er zum Schluss: „You are really dead inside out, Baby!“
Wenig später liegt ihr Torso dann in der Gerichtsmedizin auf einem der hochgefahrenen Blechtische des Pathologen. Und, während dort grell die elektrische Säge kreischt, wäscht sich Patrick klumpiges Blut aus dem kaum getragenen Brooks- Brothers- Hemd, um das Teil anschließend zu trocknen und in seinem Ellis- Watson- Marmorkamin zu verbrennen. Der Typ hat einen satten Schuss, oder?
Frauen und Männer der Upper Class von NY/USA, da kommt Patrick her, berichten von seinem monströsen Glied. Man kann diese Leute aber, sozusagen, an einer Hand abzählen, denn es sind nur wenige, die eine intime Begegnung mit ihm überlebt haben. Andererseits munkelt man, er habe die Meinungen derer gekauft, um fett Presse zu machen. Doch das ist Geschichte und egal, denn auf konventionelle Art und Weise will er sich dieser Tage in Deutschland unter dem Motto ’scheffle Geld - scheffle mehr Geld - scheffle so viel Kohle, bist du nicht mehr laufen kannst’ bekannt machen. Auch deshalb beginnt seine ’Saubermann’ - Lesereise heute mit einer Präsentation in der Berliner Fernsehtalkshow 3 vor 12. Und, ja, auch ich erwarte ihn. Aber nicht erst um 22:00 Uhr bei 3 vor 12, sondern jetzt, hier, am frühen Morgen - Airport Tegel, Ausgang für VIPs.
Klar, man kennt Patrick längst überall als Protagonisten und Alter Ego eines berühmten Schriftstellers. Doch nicht nur, weil er von der internationalen Presse als Skandalschreiber gescholten wird. Nein, er ist (angeblich) auch ein begnadeter Entertainer mit eigener TV-Show auf irgendeinem idiotischen Privatprogramm, wo sich Leute über ihr lebenslänglich erlittenes Unrecht auskotzen. Wo alle Nase lang mit Werbung für Präservative und Hundefutter ’unplugged’ das Schaudern der Masse unterbrochen wird. Und genau unter denen ist er, ’the Good old Fellow’, ein ganz anderes Kaliber von Charakterschwein, als all die lebenden Leichen um ihn herum.
Indem er seine betagte Mutter betrog, raffte er sein Anfangsvermögen raffte er zusammen. Die, eine rüstige Alte mit fast 80 und trotz Alzheimer mit ihrem 600ter Daimler täglich durch die Gegend rauschte, Verwandte, Freunde, Bekannte besuchte, Partnerinstitute abklapperte, auf der Suche nach einer Frau für ihn. Der Grund: sie wollte Enkelkinder. Einen Erben! Damit nicht er, Patrick, bei ihrem Ableben die Kontrolle über das Familienvermögen erhielt.
Und so hatte sie ihn nach einer durchfeierten Nacht mit der wegen ihrer Hässlichkeit allgemein verachteten Pfarrerstochter Charlene, Charlie genannt, verkuppelt. Doch ehe es zur Hochzeit kam (Charlie war schon nach er ersten Nacht schwanger), genügten zwei Autounfälle ... Beim zweiten Crash (weil - unglaublicher Weise - an dem Oldtimer die Bremsen versagten) ging der Karren mit seiner Mutter darin vollends in Flammen auf. Nur deshalb gelang es ihm (weil die Alte danach weder sprechen, hören, sehen konnte) sich mit einer gefälschten Vollmacht selber als Vormund und Verwalter des Familienvermögens einzusetzen.
Pfarrerstochter Charlene „ ...sofern Sie denken, sich noch in der Anstellung meiner Mutter zu befinden“, wurde samt ungeborenem Kind gefeuert.
Den späteren Vaterschaftstest, mit positivem Ergebnis und die darauf unvermeidlich folgenden monatlichen Zahlungen lies er über seinen Anwalt abwickeln. Anschließend verkaufte er an Hab und Gut, was die Mutter lieb gewonnen hatte. Sogar die Psycho- Stiftung- Alzheimer verscherbelte er weit unter Wert. Ebenso das von der Mutter mit Herzblut geliebte Gemälde ’Fifth Avenue’ von Children Raam. Nicht ohne sich eine happige Provision dafür auszubezahlen.
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Unauffällig sitze ich Nähe Ausgang ’International Flights’ an der Bar, direkt vor dem Tableau ’Pablo Picasso’ mit den flippig zuckenden Ankunftszeiten, geklont aus Stierkampfszenen und anderen Schweinereien des Meisters, trinke Kaffee. Den zweiten schon. Denn der erste war eine richtig salzige Brühe und bestand aus den Resten der Nacht. Aus Fußmehl - also. Was auch der Barmann, nach meiner Drohung ihm nach alter Matador-Manier Schwanz und ein Ohr abzuschneiden, eingesehen hat, und mir daraufhin einen mit der Krupps Pro Aroma aus dem Nachlass des Scheichs von Oman (eigentlich eine Bürokaffeemaschine aus weißem Plastik) aufs Haus gebrüht hat, wie er strahlend sagt.
Schon seit Jahren bin ich voll davon überzeugt, das man sich richtigen Kaffee aus nichts anderem als aus einem mit Gold und Diamanten besetztem Exemplar der Krupps Pro Aroma aus dem Hause Scheich Omans brauen lassen sollte (mal nebenbei: das ist die teuerste Kaffeemaschine der Welt ... die vom Scheich). Jedenfalls, wenn man an Kaffeegenuss aus einer Krupps Pro Aroma gewöhnt ist. Ich tue mir so was Gutes gerne an. Und trinke das Gebräu nun genüsslich. Während sich die Maschine mit Patrick darin im Landeanflug auf Berlin-Tegel befindet - und ihm hoffentlich kotzübel ist, denn es stürmt über der Stadt der Engel nicht von schlechten Eltern. So um die Windstärke 12, 13, 14 oder was weiß ich, schließlich bin ich kein verfickter Wettermoderator.
Klar, ich habe natürlich, als Leid geprüfter (ich will das jetzt hier nicht näher erläutern, das mit dem Leid - ((denn wenn man Kohle hat, dann klingt das Wort LEID voll grufti)) also lasse ich das Leid im Raum stehen um später eventuell ...) vorsichtshalber Erkundigungen eingezogen, ob der Kretin überhaupt mitfliegt. Der Mann hat nämlich die Marotte, Termine zu bestätigen, um dann doch nicht zu erscheinen, und darüber amüsiert er sich dann zu Tode. Doch die Auskunft von heute früh sechs Uhr, und die von vor cirka einer Minute und zehn Sekunden war und ist positiv. Er kommt also.
Persönlich bin ich den Typen wenig begegnet. Habe aber von ihm fast alles gelesen (Bücher in Hardcover. Goldlamé eingeschlagen. Ausschließlich was für Kenner - und sonst nichts!) Weiß also, wie er tickt und einiges andere über ihn. Und habe auch jede Menge Fotos gesehen. Eines dieser Fotos, ein ’Brustbild’ - muss ich lachen - habe ich mir eingeprägt. Und was ich mir einpräge, vergesse ich nie wieder. Vor allem nicht die Hauptfigur in seinem Schweineroman -, diesen Patrick ’Psycho’, einen irrsinnigen Psychopathen ... Und genau an dieser Figur wird er als Schriftsteller gemessen; an dessen literarischer Markierung, den monströsen Grausamkeiten. Und daran messe auch ich mich. Doch was und wie ich an mir und ihm messe, wird ihm nicht gefallen. Denn der Preis dafür ist hoch: es geht um ein Leben. Nämlich UM DEIN LEBEN, BOY!
Er würde gut aussehen, wäre wohl erzogen, und säße tagsüber schreibend in seinem Haus -, erzählt er auf harmlos tuend über sich. Ich finde diese Beschreibung über sich und sein Tun als sehr lässig. Im Übrigen treffen diese fast kümmerlichen Attribute auch auf mich zu -, und sicher auch auf andere. Auf Sie vielleicht auch? Spaß beiseite, denn es gibt TATSÄCHLICH Gemeinsamkeiten. Denn genau wie er verbringe ich auf eigene Art und Weise meine Nächte - um meine Träume zu leben. Nur, im Unterschied zu ihm empfinde ich meine Wut mehr, als er seine.
Doch - doch, das konnte ich durchaus schon feststellen. Denn die Wut bei ihm hielt nur EINEN Roman lang. Doch meine, MEINE WUT, dieser arschgeile verflixte Zorn auf ihn, und auf mich, je nach Wollen auf alles - in dieser SCHEIßWELT, die bleibt, und wird immer heftiger. Und in all denen von euch Lesern und ihm, dem Schreiber, ausgelösten Katastrophen steigert die sich von Mal zu Mal. Horror, sage ich. HORROR! Und damit kann ich, wenn ich will, ganze Bibliotheken füllen!
Nicht nur deshalb gibt es davon auch hier, jetzt hier - am Flughafen, eine Kostprobe. Die ist zwar nur eine Winzigkeit, von dem was ich wirklich zu leisten in der Lage bin, aber immerhin; und meine Show beginnt in zehn Minuten. Heute. Jetzt gleich ...! Sie können also life dabei sein. Denn die Maschine befindet sich nun schon im direkten Landeanflug. Ich kann deren Lichter seitwärts meiner schwarzen Seele flackern sehen.
Und glauben Sie mir, wenn er von mir wüsste, würde er ’seinen Jesus’ um Beistand ansuchen oder zu Gott beten, denn er ist ein gläubiger Mensch - dieser idiotische Arsch in seinem verfickten Kammgarnanzug. Aber so gibt es ab nun auch kein rausreden mehr. Nie mehr! Denn du wirst nicht davonkommen, Patrick, weil ich nämlich von deiner Sucht weiß. Der nach Schnee. Was ich damit sagen will ist, dass er, um eine Linie zu ziehen, nach der Landung sofort ein Klo aufsuchen wird. Und genau DA - werde auch ich sein!
Ja was glauben Sie denn - es ist doch alles längst arrangiert ... Und nun mal im Vertrauen: eigentlich werde ich ab heute überall sein, wo Patrick ist. Ich will und werde - bis zum Ende hin - mit ihm die Nacht durchschreiten. Wirklich! Ich freue mich jetzt schon ganz irrsinnig, in meinem zweireihigen Seide-Leinen-Anzug neben ihm zu stehen und einen frisch gepressten Orangensaft zu trinken ... Und ich bin dabei alles Mögliche, nur nicht blöd - blond. Oder ein Shar ... pei.
„Sie wissen schon“, wird er lispeln, „Shar ... peis sind meine Lieblingshunde. Ich selber habe Dutzende davon!“
Dieser Wichser. Der lügt, wenn er auch nur einen Millimeter sein blödes Maul aufmacht. Wahr ist, bei solchen Kötern interessieren ihn nur die Unmengen von Falten, aus denen er sich Lampenschirme bastelt. Auf einem Foto in ’Weib und Haus’ konnte ich es mit eigenen Augen sehen. Und wenn ich nicht irre, war seine handgemachte Marc- Kostabi- Weste aus ähnlichen Häuten gefertigt.
Ich werde das ändern. Mit meinem Blasrohr. Dem aus Bambus. Das besitze ich seit Kindertagen. Und ich kann damit umgehen. Die Knochen von zig Vögeln, die ich sämtlich im Flug getroffen habe, (aufbewahrt habe ich die in einem Weidenkorb auf dem Hängeboden) und das sage ich voller Stolz, sind der Beweis.
Und wenn Patrick gleich fliegen will, seine Halssehnen prall angespannt über dem Waschbecken (ich kenne den Anblick vom Spiegel meiner Wellness-Oase mit dem blumigen italienischen Dekor, die ich nur mit ledernen Flip Flops von Moszkito betrete), damit er eine satte Linie sniffen kann, werde ich ihn direkt in die Schlagader treffen.
Nicht tödlich. Mann - nein, um Gottes Willen! Ich werde ihn lediglich betäuben, um ihm eine Nachricht zukommen lassen, damit er weiß, das Spiel beginnt JETZT!
Glauben Sie mir, es war eine Kleinigkeit, herauszufinden welcher der Dealer Patrick beliefert. Zum Glück gibt es nur wenige Top-Leute für Promis in dieser Stadt, die überhaupt in Frage kommen. Edgar ist einer von denen. Edgar hat Klasse. Mit super Ausstrahlung. Schlank und hoch gewachsen. Und verfügt über Manieren für jede Gelegenheit. Selbstverständlich! Trägt Armani und Emporio besser noch als Patrick es kann. Denn Edgar ist von ADEL ...! Ein von SO und SO! Der wäre sogar beinahe König von Deutschland geworden, sagt er. Doch leider hat er die Chance versaut, das Familiensilber verramscht und saß deswegen im Knast. Und sein Alter, der vorherige Kronprinz, ist neulich in einem blonden Schmollmund in einem Puff in Paris zu Tode gekommen. Ich sage nur: Koks und Viagra! Mich dagegen wollten sie damals gegen Bares adoptieren. Edgars Stimme klang dabei so wunderbar. So träumerisch, sanft und versprechend. Echt, ich muss jetzt noch über seine Geldgeilheit lachen.
„No way“, beschied also ich, der Kaffeegenuss aus einer Krupps Pro Aroma gewöhnt ist, damals gleichermaßen Vater und Sohn, „ich habe nämlich Größeres vor.“ Und darüber mussten beide lachen. Und das ist Edgars (Familienerbe) Manko: denn er lacht, wie ein Pferd wiehert. Trotzdem lernten wir uns näher kennen und schätzen. Ich bin nämlich tolerant.
Jedenfalls manchmal.
Jetzt chillt Edgar Nähe Klo am Airport, lacht nicht, sieht aber zum Niederknien elegant aus. Und trägt seine Haare heute mit einem Schmiss blond. Lehnt mit breitem Rücken und Sonnenbrille in der gebräunten Hand am Chromgestänge der Mokkabar ’Paris - Moskau’ und wartet auf Patrick. Während ich schon im hellen Spiegel-Kabuff inmitten ständigem Wasserrauschens (verdammter Saftladen, ich werde Anzeige wegen Körperverletzung erstatten, denn mein Tinnitus ...) das Blasrohr und den Pfeil mit Gift präpariere.
Ich bin fast sicher, als intelligenter Mensch werden Sie vom Gift, das ich gemeinhin verwende, zumindest in Professor Grzimeks legendärer Natursendung gehört haben. Denn mit dem milchigen Zeug aus der afrikanischen Maulbeere kickt man mit ein paar Milligramm riesige Nashörner in einen Stundenschlaf. Doch ich verwende bei meinen Einsätzen natürlich wesentlich weniger von dem Zeug, weil ja, logischer Weise, sonst kein Mensch überleben würde; auch du nicht, Patrick: kleiner Scherz ...! Also, keine Angst, Pat, ich bin Konvulsionsprofi und arbeite schon seit Jahren mit Antiarin. Und mir ist noch keiner ungewollt verreckt. Was ja auch schlecht fürs Geschäft wäre, denn ich treibe ansonsten Wertgegenstände und Geld ab einer Million aufwärts ein (zur Zeit auch noch die sich rasant im Absturz befindlichen USD. Dafür kommt Gold um so stärker. Leider hat nicht jeder ne Million an Gold im Maul). Und Tote tragen bekanntlich nicht nur keine Karos, die zahlen auch nicht. So wäre also auch ich bald pleite - und ein Kunde für mich selber. ... ich kann mich über meine Witze bisweilen richtig kaputt lachen ...; manchmal aber auch nicht. So wie jetzt, als ich das verabredete Zeichen von Gerald erhalte. Wenig später die Kloeingangstür ... ich habe die durch Manipulation des Luftmengeventils im Presslufttürhalter (zusätzlich zu Geralds Warnanruf) auf ’ganz hohes’ Quietschen ’a la Lady Gagga’ gestellt, um Pat auf gar keinen Fall zu überhören, und jemand, der aussieht wie ein alter Patrick (also nicht wie der auf dem Foto), das Klo betritt.
Meine Güte, sieht der Typ übellaunig aus. Richtig scheiße. Ein echter Crossi. Vor allem durch seine scharfen Falten um Mund und Nase. Die Liftmarken hinter den Ohren. Wie ich in Natur und im Spiegel sehen kann, vor dem er steht und nervig in den Taschen seines Anzugs kramt, anscheinend ohne was zu finden...? Dann schnuppert er, den Kopf erhoben, wie ein Esel vor einem Karren, an der ne Möhre hängt, in der Luft, um als nächstes auf dem Porzellanbord über dem Villeroy & Boch Handwaschbecken sein Heiligtum auszupacken (und ich meine mit Heiligtum nicht sein gammeliges Ding, dass er in seinen Roman zur Genüge als solches beschreibt), um dann mit einem goldenen Schweizermesser unter zur Hilfenahme der Klinge zwei/zwei/achtel den Schnee aufzuschütten, - den in Portionen zu teilen.
Oh Boy, bei der Menge hättest du, um es einiges leichter zu haben, lieber einen Motor getriebenen Schneeschieber nehmen sollen, amüsiere ich mich. Sehe dazu soviel Rote Sonnenuntergänge wie irgend möglich (ich muss unterzuckert sein, Honey ...). Während er seinen dusseligen Schädel beugt, um sich geräuschvoll in das Zeug zu schniefen ... Ich lautlos Luft ansauge, die Backen blähe (Sie wissen schon, welche ich meine, oder? - also lachen Sie bitte ob der Formulierung nicht hämisch - Sie gefährden damit unnötig mein Vorhaben ein Schwein zu eliminieren!) und über die Schamwand hinweg abschieße. Da! Volltreffer! Genau wohin ich wollte. Früher, also bis vor zwei Jahren, konnte man dann mit dem Mauspfeil darauf klicken und bekam ein weiteres Dokument angezeigt. Oder es kam eine tanzende Zahnbürste ins Bild. Doch das war, glaube ich, nur bei Apple möglich.
„Ups“, macht Patrick, das alte Rübenschwein, eine Zehntelsekunde nach dem Treffer. Oder „Üps“, nach zwei Zehntelsekunden, was weiß ich ... Jedenfalls springe ich nach ’Ups - Üps’ vom Klobecken, reiße die Tür auf und sprinte zu ihm. Erreiche den, keinen Moment zu spät (zu früh, wer weiß?) bevor der auf die Erde sackt und sich dort den Schädel aufschlägt. Echt, der Typ fällt wie ein antiker chinesischer Reissack in Zeitlupe, notiert mein Kurzzeitgedächtnis, das ein genetisches Erbe meiner Mutter ist.
(Für mein Gedächtnis bin ich meiner Mutter heute noch dankbar für. Aber nicht nur deswegen. Denn sie war eine sehr- sehr durchsetzungsstarke Frau, weit vor Alice Schwarzer, hieß auch Emma. Dafür kann sie aber nichts. Und Emma hieß sie auch nur mit dem zweiten Vornamen. Hätte aber Alice Schwarzer allemal zum Vorbild für ihren heiligen Krieg an Frauenpower gereichen können, wenn die da schon geboren wäre).
Doch weiter mit Patrick - denn das würde gerade noch gefehlt haben, wenn der sich den Schädel aufgeschlagen hätte. Eitel wie der ist, die Versicherungsleistung bei Unfall zusätzlich im Rücken, wäre der doch gleich wieder abgereist! Denn so ein Finanzbock wartet doch nur darauf, dass ihm irgendeine blöde Versicherung eine Entschädigung für irgendwas zahlt. Und wären es Peanuts. Allerdings habe ich mit allem gerechnet, auch damit - und deshalb mein monatelanges, mich quälendes Marathontraining zeitig auf Sprint umgestellt. Und, siehe da, mein Planen hat sich gelohnt. Denn er lebt, wie ich, als ich ihn wie beim Home Run fange, mit einem Griff zum Kopfpuls feststelle. Und sichtbar unverletzt ist er auch. Na bitte.
Wie er dann da so liegt, beinahe als würde er pennen, sieht er fast aus wie meine Bekannte, die Moni -, wenn sie die Plastiktüte nicht weg bekommt oder nicht wegbekommen will, weil ihr Orgasmus sie gerade auf den Mond schießt. Was für eine supergeile Tussi, denke ich dann jedes Mal. Und mache es ihr erneut. Dann aber richtig!
Meinetwegen können Sie mich deswegen pervers nennen. Doch mich törnt es an, wenn eine Frau schon einen Flitz hatte - und richtig feucht ist, denn dann muss man nicht so viel vor- und nacharbeiten, schließlich wird bei mir pünktlich gegessen. Sie merken es schon - was? Die Gags sausen mir in extremen Situationen - wie der jetzt hier - nur so im Hirn rum. Meine beiden besten Freunde, von denen ich der Erstbeste bin, nennen mich deshalb auch ’the laughing brain’. Kurzum, die Gedanken an Moni schüttele ich erstmal ab, denn ich bin ein Profi. Verbinde mich mit Patrick durch den Rautek/Rettungsgriff. Greife dazu unter seiner glitschigen linken Achselhöhlen hindurch (die andere wird nicht anders durch seinen stinkigen Schweiß versaut sein - ich tippe deswegen auf ein Essen mit satt Knoblauch, gestern Abend. Eventuell irisch Lamm an grünen Tutu-Böhnchen? Mit hinterher Mousse au Chocolat? Und er in Begleitung dieser bescheuerten Tunte im Seidensatinrock mit abgespeckter Krinoline. Dieser immer und überall präsenten Schauspielerin die damals in ... Doch Shit, von Film und Tusse habe ich im Moment den Namen nicht parat. Leider. Jedenfalls spielt das in dem Laden, in dem seinerzeit Robert Redfort wegen der Bestellung eines Nichtrauchertisches so zynisch geworden ist ...), winkele seinen Unterarm an, umfasse den mit beiden Händen, halte dabei die Finger nach vorne, verlagere mein Körpergewicht nach hinten, richte mich aus den Knien heraus auf und ziehe ihn mir ruckweise (Mann, was ist das für ein kompakter Sack - das hätte ich nie für möglich gehalten, bei seiner eher lapidaren Körpergröße) auf die Oberschenkel. Rückwärts - und mit gebeugten Knien - (klar, wie denn auch sonst?) zerre ich ihn dann in die Kabine, wo ich zuvor schon einen Smiley aus Plastik mit der Aufschrift ’Ich sitze hier - ich kann nicht anders!’ an die Wand pappte, den ich ihm mit Sekundenkleber an die Stirn nagele, als er dann endlich mit heruntergezogen Hosen und seinem eklig pickligen Hintern auf dem Klo sitzt. Klar, mit Sekundenkleber habe ich natürlich auch die Toilettenbrille bearbeitet. Ich will den vollen Spaß, Mann!
Bevor ich Pat endgültig entkleide, wische ich mir den Schweiß von der Stirn, bevor der mir in die Augen läuft und zu brennen anfängt. Denn eine Person auf einem engen Klo zu enthäuten - womit ich jetzt und hier aber seine Hose und so weiter und nicht seine richtige Pelle meine - ist wahrhaftig ein körperlicher Kraftakt. Und man sollte dabei auch gut was sehen können.
Als ich wieder gut was sehen kann, ärgere ich mich darüber, die allgemeine Anstrengung ’Patrick’ unterschätzt zu haben, weil ich nun dabei bin, mir mit eigenem Schweiß und Blutstropfen von Patrick den Designeranzug aus dem Hause Henry Stuart zu ruinieren. Und was ich effektiv zu Blut und Schweiß weiß, und das ist nicht wenig, das dagegen nicht mal das Draufschütten einer ganzen Flasche Aramis hilft. Nicht mal, wenn man die in einem Zug leer trinkt ... Nein, das Zeug saufen verursacht lediglich Chaos im Bereich Hals- Magen- Leber- Milz- Darmtrakt, von der Psyche nicht zu reden! Obwohl, vom Milztrakt hörte ich bislang nichts. Mein lieber Freund, alter Jungspund, ermahne ich mich deswegen ernsthaft: Du lernst immer noch dazu, - also bitte ich dich ...
Patricks Hose und auch seine Unterhose nehme ich mit. Die Plastiktüte, Namens www.hugendubel.de, in die ich seine Wäsche einkoffere, trägt sinnigerweise den Aufkleber seines umstrittenen Romans. (’Patrick Psycho’). Und auch noch eine Zunge - ähnlich der von Mick Jagger, Sie erinnern sich? Jagger, Michael Philip. Britischer Musiker. Frontmann der Rolling Stones. Sexmonster. Ja, so was lesen die Leute gerne! Und mir gerät beim Lachen darüber Speichel in die Luftröhre, so dass ich entsetzlich husten muss. Und ich kann entsetzlich husten - wenn ich muss oder mir danach ist. Darauf ist Verlass. Wie auf Gottes Arbeit. Aber auch dazu flucht man ja landläufig ’Um Gottes Willen’, oder ’Um Himmels Willen’. Was ich persönlich noch schlimmer finde, als Gott direkt anzurufen, obwohl er ein Versager ist, finde ich. Tut mir leid für euch, Leute, die er täglich in die Kirche schleicht und beschissener im Gemüt rausgeht, wie ihr rein gegangen seid. Dazu noch eins: betet dort um Himmels Willen nicht für Patrick, das perverse Monster. Der hat alles, was ihm durch mich zustößt, tausend Mal verdient. Da braucht es keinen himmlischen Beistand. Oder Gott. Das schaffe ich. ICH - ganz ALLEIN!
Erst zähle ich die Barhocker. Dann die Tische. Dann zähle ich die Männer, die an den Tischen und auf den Hockern sitzen. Die Summe ist erklecklich. Und meine Hoffnung, deshalb bald bedient zu werden, wächst. Und richtig, zwei Minuten später geht einer von denen Richtung Klo. Männer sind eben wie Hunde. Und so was wie Wind kam auf, als der wie irre aus dem Klo gerann kam und um Hilfe rief, „ ...da sitzt ein nackter Toter!“ So laut schrie der, das die Bar wackelte, die Deckenscheibe splitterte, das ganze Gebäude einstürzte und gelber Rauch aufstieg. Als die Hitze darauf meinen Körper verlassen hat, meine Haarwurzeln sich beruhigt und aufrichten, kommt die Polizei, die Feuerwehr, hören die Hunde auf zu kläffen, erlischt die Sonne, stirbt auf den Fliesen des Airports der Schatten eines startenden Airbus, vergeht grollend in der Ferne das eben noch dumpfe Brummen seiner Triebwerke. Zähle ich eine paar Münzen für den Kaffee ab. Grüße höflich den Barmann und laufe schweigend neben dem nach Notdurft stinkenden Notarzt, der einen Tropf mit hoch gerecktem Arm hält, dessen anderer beim Reden die Luft durchschneidet wie ein Beil, der beruhigend aufregend auf den in Alufolie eingewickelten Patrick einredet und dem dann auch noch Hand auflegt.
„Es wird schon wieder!“ Höre ich. Und das freut mich. Denn ich habe gelernt zu lieben. Und das erst nicht seit heute, nicht seit eben, ab jetzt, - wie ich auch lernte zu hassen. Nämlich ihn, Patrick Psycho, diesen SAUHAUFEN Mensch. Um dessen Trage sich in Windeseile und wie bestellt die Presse sammelt und es surrt und summt wie auf einem Haufen Scheiße Fressfeinde der Fliegen.
Als sie Pat in den Krankenwagen schieben, verrutscht die Alufolie und ich bin heilfroh, seinen schäbigen Hintern noch mit dem beschissenen Klodeckel verbunden zu sehen. Ja, Nähe kann so was von beglückend sein, dass ich mir Ohren und Augen zuhalte, als Signalhorn und Blaulicht am Krankenwagen wie von selber losgehen und der Karren auf locker 180 Sachen in acht Sekunden beschleunigt. Beim nebenher Rennen geht mir schnell die Puste aus und alles woran ich denke, ist dieses Plakat von Patrick in der U-Bahn, mit seinem schwarz geschminkten Gesicht und Colts - die beidseitig an fett ausgeleierten Hüften hängen. Auch wie er - eine U-Bahnstation weiter - Monster- Affengleich eine als Claudia Schiffer verkleidete nackte Heidi Klum in den Armen hält. Halloween, juchzt dazu jedermanns Herz auf dem Bahnhof. Halloween, blutet es saftig aus schwangeren Kürbissen. Nichts als fades Fruchtfleisch, weiß dagegen ich, -segle davon, mit dem Versprechen gleich wiederzukehren.
2
Im Click- und Rembercom, einer Art Face Book für lebende Leichen, bin auch ich ab und an zu Hause. Ich suche dort Material, mehr kann ich jetzt nicht verraten. Doch seien sie gewiss, digitale Friedhöfe haben nicht nur als Gedenkforen Konjunktur. Man trifft dort auf die größten Verbrecher der Menschheitsgeschichte. Patrick, zum Beispiel, lässt darin seine Opfer auferstehen. Nun, nicht das er die Verstorbenen dort würdigt oder so, nein, er beschreibt dort erklärend seine Untaten - und hat die sogar mit Fotos garniert, wenn man das so sagen darf. Auf der Strecke bleibt natürlich, und da sind wir uns sicher einig, die menschliche Würde und jede Art von Respekt den Toten gegenüber. Von deren Angehörigen nicht zu schweigen. ’Doch ihr alle habt ja ab nun mich’, rufe ich der Onlinekommune zu. Und das ich die Sache PERSÖNLICH in die Hand nehmen werde, verspreche ich. Ja, versprochen -, der Kerl bekommt sein Fett weg, wenn ich ihn erstmal an seinem Armani-Trenchkoat aus reiner Wildseide am Arsch habe.
„Steh auf!“
„Nein - lass mich!“ wird er jaulen.
„Steh auf und sieh dir an, was du angerichtet hast!“
„Ne-e-e-ein!“ wird er sabbern.
„Steh auf, sieh hin -, und stirb wie ein Mann!“
(...)
OK, ich mach’s so wie er ... Denn ich habe es schon mal gemacht. Reiße ihm mit Schwung die Bauchdecke auf und grabe mit den Händen in seinen Eingeweiden. Ja, ich werde und will ihm den Scheiß-Bauch aufreißen und seinen Scheiß-Schwulenhals und ... Oder anders herum. Und sei mir dankbar, Patrick, dass ich dich schon jetzt vorwarne, sage ich ihm. Deine Opfer hatten leider nicht so viel Glück. Also nehme ich mir genau so sein aufgedunsenes Whiskey-Gedicht vor meins - und flüstere ihm zu was ist, was kommt, was sein wird. Und überhöre sein ewig winselndes Gejammer ’mir blieb doch keine andere Wahl’!
Mir auch nicht, Pat, werde ich entgegnen. Mein weißes Pferd aufsteigen lassen und in den blutigen Morgen seiner Därme reiten, darin gewiss, dass die meisten Menschen selber bereit sind zu foltern und anderen Menschen Leid antun, wenn sie denn nur könnten. Motto: Verändere die Einflussnahme auf dein Opfer langsam und graduell. Springe im Sekundentakt von rational und rechtmäßig zu verbohrt und erbarmungslos ...
Ja, auch ich finde das voll krass legitim. Also lass uns fürs Erste damit beginnen, Pat. Und so fange ich klein an. Mit fast unwesentlichen Schmerzen schneide ich dem Hai die Flossen ab, werfe den Rest ins Meer der Lüge, züchte artgerecht Hähnchen auf 2 Zentimetern Raum, lasse Mast-Schweine ihre eigene Scheiße fressen, Ziegen ihrer Böcke Eier. Versaue das Meer mit Millionen Tonnen Öl, die Luft mit Pest und Schwefel, und schwängere die Erde mit Milliarden über Milliarden bescheuerter Menschen.
Ey, ihr ALLE kotzt mich so was von an, ihr voll blöden Pfeifen! Kaufe mir deswegen im Zoogeschäft ein Dutzend mit Pocken infizierte Ratten, die ich im Supermarkt ums Eck aussetze. Stecke ohne zu bezahlen 2 scharfe Messer, einen Liter Salzsäure ein. Denke mit Schaum vor dem Maul an Patrick. Schwitze, stöhne, hacke auf der Rolltreppe der U-Bahnstation Zoo einer alten Schachtel mit einem Hieb 2 Finger von der Handlaufleiste und als die aufschreit, von der anderen Hand auch zwei. Dabei wollte ich vorhin lediglich eine Teekanne erwerben. Egal. Von den 4 Fingern finde ich dann ohne zu suchen 3 in den Ritzen der Treppe. Stecke die mir in die Seitentasche meines seidenen black velvet Matsuda Blazer, um die später für den Hund zu grillen.
Die alte Frau scheint leider ohnmächtig zu sein. Jedenfalls rührt die sich nicht. Dabei hätte ich sie gerne über den Verlust hinweggetröstet und wollte ihr auch sagen, dass es noch viel - viel schlimmer hätte kommen können, - denken Sie doch nur an den Krieg, oder so. Doch nichts, die liegt wie tot. Erst als ein idiotischer Biker die Rolltreppe down up fährt kommt Leben in die Bude. Doch da bin ich schon dabei die beim Einstieg in die Fahrradrikscha zerbrochene altchinesischen Ming-Teekanne aus der II Dekade, die ich ausschließlich für den von mir so gerne getrunkenen Nero d´Avola benutze, zu beklagen. Und natürlich mache ich den voll verblödeten Fahrrad-Kuli für das Unglück verantwortlich, - das wäre ja noch schöner. Doch der sagt zum Thema (mir die kostbare Vase zu ersetzen), er sei illegal in Deutschland und hätte nicht mal eine Krankenversicherung. Prost Mahlzeit, wünsche ich ihm trotzdem, als er zur Strafe einen Schluck aus der Salzsäureflasche trinkt - und dann auch prompt röchelnd zusammenbricht.
Was für ein Schwächling, denke ich, - so was haben wir hier schon zur Genüge. Während ich mir beim Übersteigen der quittegelben Leiche fast den Fuß verstauche, und schon überhaupt nicht in der Lage bin meine Füße in die Pedale der Rikscha zu stecken, ohne mir die Diet-Coke Schuhe auszuziehen. So lasse ich alles wie es ist, und freue mich auf das Gesicht vom Hund, wenn er auf Hutschenreuther Biskuit Porzellan mit Goldrand die gegrillten Finger sieht. Ich habe denen natürlich vor dem Anrichten die Ringe abgezogen. Denn auch bei mir ist der Kunde König. Und Steine frigide. Vor allem Diamanten.
„Bitte zahlen!“ rufe ich deswegen, denn jeden Tag einen Einkaräter stehlen, fällt auf Dauer sogar Woolworths Erben auf.
Aber könnte ich es mir wünschen, ich würde es mir wünschen. Und die Spielregeln einhalten. Doch so ...
Treffe Edgar Nähe Cafe Möhring. Bezahle den. Und lobe.
„Guter Job, Baby!“
Gehe mit ihm dann einen Runde Schlittschuhlaufen.
Und Edgarboy läuft so schnell, dass das Eis unter seinen flitzenden Kufen zu Wasser wird, dann heiß aufquillt und Nebel die Luft angraut. Bald darauf die ersten ’hunderttausender’ Scheinwerferbirnen in der Feuchte knallen wie Kanonenschüsse, sich die Palästinenser neben uns aufs geschmolzene Eis werfen, und zu ihrem Gott beten.
„Komm, wir versaufen unsere Getränkebons!“ beschließe ich.
Während wir auf den Barhockern sitzen, an einem Bier lutschen, schneidet sich Edgar die Fingernägel, und ich denke an Patrick, der mit einer Nagelschere einem seiner Opfer, Torri hieß die, glaube ich, versucht hat die Finger abzuschneiden, um ihr, als das nicht gelang, mit einem Steakmesser in den Kopf ... und in diesen Bächen von Blut, beschreibt er die Szene in seinem Buch ..., wird mir übel. Halb am Kotzen schwöre ich den Sauhund zu stellen, um ihn zu vernichten. Gehe sogar gleich so weit, mich dazu als lebende Bombe zu verkleiden (ich habe den immer noch betenden Palästinensern unbemerkt die Sprengstoffgürtel abgenommen), um damit in Patricks irren Hirn grell schimmernd zu explodieren.
Verkleidet als Außerirdischer, Autist der ich bin, schlage ich in heller Aufregung meine Zähne in Edgars Schulterfleisch. Beiße, knacke, krache, lutsche, schlürfe freudig und kann nicht aufhören ... und kann nicht aufhören ... und kann...
„Fast wie Mike Thyssen bei Holyfield!“ lacht Edgar.
„Ich habe genug vom Eis!“ sage ich nach einer kleinen Weile Rumble in the Jungel spielen böse, „lass uns gehen!“
„OK, wenn du mich nicht mehr brauchst.“
„Heute nicht mehr. Mal sehen, was morgen wird. Oder heute Abend?“
„Schon gut, Boss.“
„Also ab ...“
„Fitness-Center?“
„Ja, mach!“
„Ich wusste es. Ich wusste es! Du böser, böser Junge!“
Meine Seele erbarmt sich, als ich im Abgang auf seinen weibisch wackelnden Hintern sehe, ihn (wie im Vorübergehen) anal penetriere. Dann wieder Angst einkehrt, die alte rote Alarmanlage mit mir zu Tisch sitzt und ich fürchte, ich sei ernsthaft schwul. Doch nichts ist unwichtiger in dieser bedrohlichen Situation als die Besorgnis und unlustbetonte Erregung über ein Ereignis, das nie eintreten wird. Denn ich liebe meine körperliche Unversehrtheit, brauche Selbstachtung. Bin ein ich (im Ich), wie (du) Du bist, wie Edgar (Edgar), Patrick (Patrick), und Sie (sie) sind. Irre wie wir alle eben. Wovon ich Patrick allerdings ausnehme.
Die Haustür schließt sich hinter mir wie eine eiserne Maske. Drei Riegel schieben sich mit in die Wand. Im Schloss dreht sich von Geisterhand der Schlüssel. Die Welt bleibt außen vor. Doch was soll das?
Mit zwei schnellen Schritten okkupiere ich den (Silber) blinkenden Aufzug. Lehne im Maul des schuppigen Wals gegen die Wand. Kontrollverlust und Lähmung gelten wieder Mal als bezwungen. Wie auch die Furcht vor Enge, der Alpdruck, die Bedrängnis und (angor) - das Würgen. So geht es in den Himmel. (Penthaus - mit 1A Ausblick auf Reichstag und Spree von der es in heißen Sommern leider entsetzlich nach dem allerletzten Fisch stinkt, von unaufrichtigen Politikern. Den Rotaugen, die gegen Blei, Öl und Kadmium widerstandsfähigsten Fische, die von Laien auch Plötzen genannt werden). Wo ich mir mit Goldwell Lagoom die Haare gele. Atrice-Rouge auflege. Ein wenig vom Davidoff Augenbrauenstift auftrage, um dann zu Mittag zu speisen.
Erna bringt Würstchen mit Kartoffelsalat. Wie immer an Heilig Abend. Majoran. Eine saure Gurke. Dill. Grünen Salat. Ein rostfarbenes Bier, das wie Blut im Urin aussieht. Das ich, in die Luft spritzend, an die ums Haus kreischenden Möwen verfüttere.
Erna, die ich halb verhungert, dehydriert wie die Gattin des Tutenchamun, Arme und Beine komplett abgerissen, und mit insgesamt 67 Knochenbrüchen (die meisten davon im Gesicht) wie man später feststellte, in den südafrikanischen Diamantenfeldern von Brett Jolly fand.
Jeder kann sich also lebhaft vorstellen, wie Erna aussah.
1,4 Kilogramm wog der Diamant, um den es ging. Geschätzter Wert 20 Millionen Euro. Dazu kommen die Menschenleben, die er bisher gekostet hat. Und das Spiel geht weiter. Doch nicht für mich. Denn ich habe den Bucker bei meinem Auftraggeber in Moskau abgeliefert und mir die Prämie dafür auf mein Inhaberkonto in Genf (Bankhaus Osama Laden) überweisen lassen; ICH muss also nicht mehr arbeiten, oder so scheiß Lesungen machen, PATRICK. ICH - NICHT!
Erna packte ich damals eigenhändig in den Hubschrauber und flog die one way über die Koordinaten Marrakesch 31° 38′ 7″ N, 8° 0′ 1″ W, 31.635278° -8.000278° in das Unfallkrankenhaus Berlin-Marzahn. In über sechzig Operationen, teilweise im MRT an Herz, Lunge, Galle, Magen, Bauchspeicheldrüse, Darm und was der Mensch noch so hat, wie eine Blase, zum Beispiel, erfolgte durch Professor Sauerbach ihre Rekonstruktion (Sauerbach, eine Persönlichkeit wie Gewitter auf der Sonne, - der absolute Fach-Spezialist. Sogar der Papst hat sich nach dem fürchterlichen Bombenattentat von ihm klonen lassen. Sie erinnern?).
Vierzehn Monate später konnte ich Erna abholen. Gut, sie war zwar nicht mehr die ’alte’ Erna, die ehemalige Baden Badener Weinkönigin, die als Vorkoster und Sommelier des Despoten ’King of Africa’ degustiert hat. Doch sie war am Leben. Ein Robot zwar ... Machine Human, und Sklave ihrer computergestützten Regelkreise. Aber auch mit Vorteilen beim Walk Act, durch die aufwendig implantierten künstlichen Muskulaturen.
Zu Hause trägt sie ihre weiße Schutzmaske selbstverständlich nicht, denn ich habe mich längst an ihren Anblick gewöhnt. Halte ihre Aussehen und die chromblitzenden Extremitäten sogar für schön; das flirrende Sinnbild, wenn ihre Laseraugen abstrahlen, wie den sie harmonisch umstrahlenden Elektrosmog. Und natürlich hasst Erna (gerade wegen ihrer Behinderung) Menschen wie den Lobbyisten Patrick. Und den besonders für seine Taten Frauen zu vergewaltigen, zu schlachten, auszuweiden - um die letztlich zu essen. Mit seiner Idee Menschen zu essen hat er sogar den britischen Delicates Food Dosenhersteller Sir Henry Gambell gewonnen.
Man stelle sich das mal vor ... in geheimen inneren Zirkeln werden unter Gambells Leitung Promi Testessen veranstaltet -, und für das beste Menschenmenü sind Preise ausgelobt. Gestern war der erste Preis eine winzige Insel südlich neben Antiqua. Und das ist erst der Anfang ... denn das Zukunftsziel ist die Börse. Auch deswegen steigt der Goldpreise wie blöd. Die Lobbyisten um Patrick kaufen alles auf, um später Dosen aus purem Gold zu fertigen. Denn das Menschenfleisch hat natürlich seinen Preis, und muss edel verpackt daher kommen.
„MACH IHN FERTIG!“ korrespondiert Erna deshalb stündlich meine Synapsen. „SCHAFFE IHN UND DIE ANDEREN SCHWEINEPRIESTER AUS DER WELT!“
Das Telefon; Edgar. Der schreit förmlich, ob ich eben die Show Patrick im TV gesehen habe.
„Schalt schnell ein“, brüllt er, „dann kannst du noch den Rest ...“
„Ich bekomm den Pisssender gar nicht rein,“ unterbreche ich ihn. Bin sauer.
„Ey, du versäumst was, der verschenkte eben sein iPhone, - und jetzt lässt er sich auch von allen möglichen Idioten ausgiebig filmen!“
„Und was sagt er sonst so?“
„Das er dem Wichser, der ihn im Airport an den Klodeckel gefesselt hat, die Dinger abschneiden wird!“
„Und was ist mit seinem Hintern?“
„Die haben seinem fetten Manager Haut abgenommen und ihm das Transplantat dann aufgeschweißt.“
„Geht das denn einfach so?“
„Darüber hat er nichts gesagt ...“
„Schade! Und sonst noch?“
„Er lutscht Hustenpastillen.“
„Willst du mich verarschen?“
„Nein, echt. Der liegt im Bett, hat nen dunklen Mantel an, Basecap auf, karierte Turnschuhe, blättert provo in seinem scheiß Buch und erzählt ohne Punkt und Komma über Liebe, Freundschaft und Exorzismus.“
„Mad Men; das nervt. Dann war das Put on ja fast umsonst!“
„Ach was, der hat ne fette Dröhnung gegen Schmerzen int - und macht auf dicke Hose, Mann. Sicher!“
Die Lüge ist der Bruder Schmerz, denke ich, - Provokateur bin ich selber, and thats all... Auch weiß ich, warum es bei einer Arschbombe spritzt. Es liegt am Arsch!
„Schalt den Loser einfach ab“, rate ich deswegen.
Einen Moment spüre ich so was wie Eifersucht. Beuge den Kopf, um in mich hineinzuhören. Doch der Türsteher macht mir die Absperrung vor der Nase zu. Ich kann es kaum glauben. Kein aber, unterbreche ich mich deswegen beruhigend, - gehe an die Bar und trinke aus der Flasche mit dem Sauerkrautsaft.
„Du sollst doch nicht immer aus der Flasche. Haben wir keine Gläser im Haus?“ So hat Mutter früher mit mir geschimpft. Jetzt Erna.
„Hast ja Recht!“
Wünsche mich Millionen Kilometer weit weg. Weiß aber nicht warum. Stecke die Hand mit den Flecken darauf (so kreisrunde Dinger, die Eierschalenfarben aussehen. Können Sie mir eventuell sagen, was das zu bedeuten hat?) in die Hosentasche und verlasse den Raum. Doch möglicherweise liegt es am Licht, überlege ich. Oder ich habe es an den Augen. Mache zur Sicherheit einen Herz-Kreislaufscheck an der Butterflymaschine. Alles ’Grün’, blinkt die. Doch ich möchte wissen, wie es zwischen uns beiden steht, denn seit Tagen fällt mir ihre fehlende Sinnlichkeit auf. Doch dann unterdrücke ich meine Gier, sie deswegen anzufragen. Zum Ausgleich (wohl weil sie ahnt was in mir vorgeht wenn der ICE durchrauscht) singt sie Fats Dominos Schmachtfetzen ’Whole Lotta Lovin’ - und lässt dabei die ersten beiden Saite der E-Gitarre grässlich wimmern. Mir gehen dadurch einige Zahnnerven zu Grunde. Oberkiefer 13,16,17 und 26,27. Unterkiefer 36,37 und 44,46. Vom 48er weiß ich nichts. Ich kann auf jeden Fall schon den Dentisten riechen. Oder soll ich die lieber selber resektieren?
Mein Gott, wann ist endlich wieder Sonntag, frage ich beim Wetteramt nach. Schlage den Kragen hoch, und mache mich auf den Weg aus dem Staub. And that’s why the world go round ... and round ...
Nach dem Act mit Patrick gehts 100 %ig in Urlaub. Re-Union. Werde dort ehrenamtlich denkmalgeschützte Immobilien für den europäischen Markt aufbereiten helfen. Ist aber keine freiwillige Entscheidung. Ich habe die Reise neulich in der FAZ gewonnen. Und einen handgearbeiteten englischen Dufflecoat dazu. Nun rätsele ich, was das an Gemeinsamkeiten hat. Könnte ein schäbiger Trick von Pattricks Management sein ... Doch dazu müsste meine Absicht jemand verpfiffen haben. Doch wer?
Erna meldet erneut einen Anruf. Tom.
„Ja -, den kannst du ausnahmsweise durchstellen!“
„Good Boy!“ Schnarrt Tom.
„Wieso?”
„Ich habe auf der Überwachungskamera Nummer 356 vom Airport deinen Edgar gesehen.“
„Und?“
„Und du warst der Latex Joker!“ Höre ich ’The Dark Knight’ in seiner Stimme -, Triumph?
„Bist du sicher?“
„So sicher, wie ich sicher bin, das wir uns seit 4 Jahren und 42er Tage kennen.“
„Und die Stunden weißt du auch.“
„Yes!“
„Das war auch keine Frage von mir ...“
„Lassen wir das“, sagt er, „mein Anruf gilt sowieso Ellis.“
„DEM Ellis?“
„Korrekt; ich habe meine Rezension über seinen neuen Roman fertig und will die dir zuleiten.“
„Passt“, sage ich, „ ...hat der nicht was mit Imperial Bedrooms zu tun?“
„Ja, und er knüpft darin an 'Less Than Zero' an.“
„Meinetwegen -, Clay und die anderen Stricher hängen mir längst zum Hals raus.“
„Ich weiß... Doch du scheiterst ja auch immer wieder neu an der Realität.“
„An meiner nicht!“
„OK - lassen wir das! Jedenfalls wünsche ich dir für Patrick Erfolg. Und du weißt, wie ich das meine.“
„Ich werde meine Momente haben.“
„(...)“
Danach schwirrt mir der Kopf. Ich habe den Drang zurückzuschlagen. Balle meine rechte Hand und prügele drei, vier Schwinger mit anschließenden Haken in Serie gegen die Türfüllung. Erwarte meinerseits zertrümmert, zerschmettert zu werden. Höre aber lediglich meine Gedanken knacken. Ein beinahe unmerkliches Achselzucken meiner Schulter. Das meiner Seele den Mantel auszieht, um mir bei einem Drink unbekannter Beschaffenheit Gesellschaft zu leisten. Während mir die Fingerknöchel anschwellen. Ich dennoch weiter trinke, bis ich das Glas nicht mehr halten kann. Mir die Silikonstecker vom Nano-Niveau iPod abziehe, James Brown - von Pavarotti überlagert - 'It’s a mans world' gurgelt.
Was für Männer, denke ich, an den Fensterrahmen gelehnt. Um der Frau im Loft gegenüber beim Ausziehen auf den Hintern zu glotzen. Bis deren Macker, dem Hintergrund entlehnt, Gestalt annimmt. Nackt und wie bestellt ihr den kurzen Rock hochschiebt, um sie ohne weiteres Vorspiel von hinten zu nehmen. Höhlenmalerei oder Zeitgenössische Kunst? Leinwand auf Keilrahmen. Feucht geworden. Schleimig. Verbogen. Getrocknet. Wellig abgelegen. In greller Sonne Risse abbekommen. Die platzwunde Spalte monochromatisch mit Bindfaden vernäht.
Sehe fasziniert zu, wie die Frau zuckt, lautlos schreiend sein Glied aufreitet. Zerstückelt und zusammengeflickt wird. Finde aber die Utopie von Kerl reichlich unattraktiv, farblos, glatt, kahl und leer in seinen Orgasmusbemühungen.
Bekomme Kaffeedurst. Verspüre einen ungeheuren Jieper auf Mohnkuchen, - und Ellis lesen. Merke, das es mir, der Situation angemessen, klein, leicht und zart wie von selber kommt (also mit zwei Mal den Schaft vom Schwanz pressen - bis zum absoluten Endschmerz, dann kurz die Eichel drücken. Ein altbewährtes Hausmittel, um Zeit zu sparen. Hilft mir immer zum Erfolg, egal wo ich bin). Beinhaltet einen Abgang, wie nach dem Lutschen von in Vollmilch schwimmender Nussschokolade.
Setze mich vor den PC und logge die Überweisung für die Nutte gegenüber ein. Schreibe in den Betreff: ’für Mayday’, - die mir ab und an einen oft gebrauchten Frühling in die Hose zaubert. So what! Denn lange genug schon läuft der Film Liebe und Hass zwischen Mayday und mir. Ich werde deshalb den Recorder wechseln. Mein Haftschalen erneuern. In eine andere Ecke der Stadt ziehen. Um nicht bewacht zu werden - wie ein Hund vom Herrchen, ein Herrchen den Hund. Knochen von Knochen ... Einer unsichtbaren Wolke, vor der ich den Atem anhalte, wenn ich in sie eintauche. Und kalt wird mir auch. Ich friere richtiggehend vom Gedanken an billigen Alkohol. Spuren ihrer violetten Lippen an meinem Ding. Meiner Suche nach Erfüllung im Dunst ihrer Exkremente. Dem Fischgeruch ihrer Möse. Sehe ihr Namensschild auf dem Revers. Dabei will ich, dass wir beide im warmen Wasser der Wanne planschen, und sie sich vor meinen Augen und Ohren die Muschi wäscht. Sie, das Zimmermädchen. Ich, der Gast im fünf Sterne Hotel Mayday - am Arsch der Welt, nach einem Suizidversuch. Und sie keine siebzehn. Damals. Und ziemlich mittelblond unten rum (in ihrem Adolfo Loren Hotel Froteebademantel). Mit totalem Hard-Body an Tütentitten: mit 17, Leute! Und spreizte die Beine, damit ich hineinsehen konnte. Doch ich konnte nicht. Kann nicht. Nur mit dem Finger. Dem Daumen. In den Hintern. Hand unter der Arschbacke. Hüfte. Wiegeschritt. Um ihr endlos Chardonnay aus der Spalte zu schlürfen.
Herrgott, habe ich mich zum Idioten gemacht mit dem Wunsch: knie nieder, ich will es von hinten! Würde es aber wieder tun. Und wieder. Doch augenblicklich ist mir ’Psycho’ Patrick dazwischen gekommen. Und so bin ich zum Sammler bröckeliger Hintergrundtapeten mutiert. Einer benutzten, ramponierten, überhitzten, ausgeblichenen Geste von Dasein im eigenen Ich. Mehr als ständiger Wandel im Stillstand ist da also nicht. Trotz aller guten Wünsche. Es bleibt nur die Suche nach dem Monströsen in einem Haufen Irrer. Von denen ich selber einer bin. Ich! Der das Leben im Tod plant. Kontrolliert vom Alltag. Mechanik der Enteignung des Selbst. Geboren im Blutland als Fallobst. Haar im Firnis. Scheiße am Stock. Der Rest wird durch Werbeanzeigen oder in bar bezahlt. Doch wer gibt schon was auf Gerüchte.
Ich nicht!
3
Zeit für den Hund. Easton. Eine Weiterzüchtung des kanadischen Tibetbullmastiff. Ausgebildet zum Personenschützer im Hells Angels Chapter San Bernardino County, California - USA. 50.000 USD Cash musste ich dafür legen.
Easton ausführen und füttern macht sonst Erna. Doch die hängt voll ihre Inputzeit am Ladegerät ab. So öffne ich das Hubdach der Terrasse. Wandele mit dem Blue Fon das Schwimmbecken im Rotationsprinzip in knapp einer Minute 30 in Wiese und Wald.
Gleich nach meiner Schöpfung fangen dutzende Vögel zu kreischen an. Plätschert eine Quelle. Springen zig Lachse flussaufwärts. Scheint die Sonne. Allerdings wird sich auf dem Sekundärboden heute Rotwild statt Schwein tummeln. Wildschweine sind aus. Der Transportflieger, eine kaukasische Tupolew T-154, ist in Sibirien tödlich verunglückt. Das Teil heißt also nicht umsonst fliegender Sarg - und sein Tod ist kein Verlust. Mein Schaden dadurch beläuft sich auf zwei Dutzend sibirische Wildschweine, einen Amurtiger, einen Endmoränenbieber. Deshalb heute Rotwild. Dafür aber a go go.
Dauert auch keine fünf Minuten, präsentiert Easton eins der Stücke. Hat es selber enthäutet, ausgenommen, filettiert. A la carte besabbert und mit Beilage versehen. Genau, wie es jedermann will.
„Wir können!“, rufe ich Erna zum Essen. Und verliere den Glauben an sie und meine Seele, als ich es metallisch knirsche höre.
„Fuß, Easton!“, befehle ich.
„Fuß!“
Und dann ist es (wieder) Clay, weit ’unter Null’, dieses Abziehbild, der mir in den Sinn kommt. Den ich als Selbstmordkandidaten auf der Intensivstation kennen lernte. Ein Missmut hoch drei, der Typ. Unfähig, Freude oder irgendein gleichartiges Gefühl zu empfinden. In einer Spirale Leben gefangen, die sich nach unten dreht. Pappkarton, der nach eigenen Spielregeln auf einem wilden Fluss treibt.
An der Bar irgendeines des Homoclubs gelehnt, mit ähnlich traurigen Typen wie er einer ist. Einseitig sprachlos gefangen im ungeschütztem Sex auf dem Herrenklo. Als Endorphinkitzel. Um endlich dann das erwartete Urteil zu hören: Aids!
So sehe ich ihn auf dem Bett sitzen - und Fotos betrachten. Welche, als er jung und wild, animalisch, viril und provokant, stolz und arrogant, voller Energie im Hunger auf Leben, Zukunft und so weiter war. Um erst noch zu lernen, was Stagnation, Lebensüberdruss und Existenzkrise bedeutet.
Schwer krank nun seine späten Worte an mich: wie recht du doch hattest! Sein: scher dich zum Teufel, als ich ihm den Sinn von Leben und Sterben erklären will. Seine Müdigkeit, wo eben noch rauschende Party ... Unzählige Telefonate, Briefe, Einladungen. Vorbei. Alles over, baby. Deine Villa voll mit Kostbarkeiten. In der jetzt der Tod residiert. Zu hören allein das Ticken der Stundenuhr. Der des Kuckucks ablaufende Zeit zählt. Ängste und Erinnerungen. Deprimierende Tage. Todesfurcht in Nächten. Aber immer noch Diva, hinter schützender Maske. Doch unaufhaltsam schreitet Kraftbündels Metamorphose voran. Der sich in ein lichtes Wesen verwandelt. Eingefallen, zerbrechlich - im Rollstuhl. Doch mit Make-up. Knallrotem Mund. Schwarzer Kreide um die Augen. Die mich matt, müde und ohne Regung anblicken. Aura eines Toten. Sein Sterben - mein Leben. Schicksale, miteinander verknüpft. Ich im Rampenlicht, er nicht Mal mehr irgendwo im Zuschauerraum. Auch das werde ich Patrick sagen -, dass ich in der Küche des Teufels seinen Protagonisten getötet habe. Auch wenn ich dem keinen Sinn abgewinnen kann, außer Rache. Und dann frage ich mich, ob Patrick das nicht völlig egal ist. Schaue zum bewölkten Himmel hoch, aus dem es in diesem Moment zu nieseln anfängt. Steige ins Auto, und lasse eine CD laufen, Duran-Duran, der Erinnerung wegen. Die ich nach der Hälfte von Song Nummer 3 aus dem Recorder ziehe und aus dem Fenster werfe. Obwohl ich das Teil verbrennen wollte, weil ich mich an den Erinnerungen schon satt überhört habe. Doch aus irgendeinem Grund kurbele ich das Fenster runter ...
Fahre zum Interview in das ’Schloss Hotel Grunewald’. Wo Patrick tatsächlich wie angeklebt und mit fettem Hintern auf einem Jugendstilsofa sitzt, und mit hoch gezogener Oberlippe über Privilegien und schöne Gegenden in Deutschland schwadroniert. Während ihn um das scheiß Sofa herum in Dreierreihen die Idioten der Presse hofieren. Von denen manche ihm, in einer Art cholerischen Anfalls, glaube ich, schmatzend den Geifer von den Lefzen lutschen. Ich dagegen Lust verspüre, einen Arzt oder die Ambulanz zu rufen. Zumindest Feuer - Feuer - rette sich wer kann, zu schreien! Ihm mit einem 3 Kilogramm Löscher Zementschaum auf sein bescheuertes Maul zu sprühen. Doch ich lasse mir Zeit, denn ich weiß: sein Misserfolg wird mein Erfolg sein; den ich andererseits kaum mehr erwarten kann. Doch noch beschämt er mich durch seine ungebrochene Stärke und Disziplin, wie er locker und leicht (vor der brünstigen Meute Spinner) Schaum schlägt. Alle Achtung, Kretin!
6
Ich bilde mir ein, Patrick gesehen zu haben. Der im ’Trent’ sitzt, und wohl was essen will. Jedenfalls macht er einen irrsinnig hungrigen Eindruck, schwenkt seine Arme hin und her, redet, lacht und betatscht zwischendurch eine superblonde Blondine, die ich schon mal irgendwo gesehen habe. Doch wo? Jedenfalls meine ich, die zu kennen.
Sitze dann hinten am Ausgang, und habe nun ganz genau Pat im Auge. Kann, als die Blonde an mir vorbei zur Toilette geht, deren Parfüm riechen. Konservieren. Einiges später, die Blonde ist vom Klo zurück, fällt mir ein, dass die zu Madame Mimis Begleitservice gehört, Cher heißt. Ich habe die auch schon mal gebucht. Nicht nur weil Cher glanzvoll Piano spielt, am Liebsten ’Somewhere in Time & Rachmaninov Concerto No. 2 mov 4’. Und wegen dem und jenem auch Patrick genau ins Beuteschema passt.
Erinnerungen kommen hoch. Seelisches Elend. Die Vergangenheit, - zäh wie Sirup. Kopf im Asphalt. Doch verschwinden die im Schein des Gefühls, unvermutet intensiv berührt worden zu sein. Andererseits handlungsunfähig, gefangen in Passivität einsam zu frieren. Im Wissen des Sehen, Stehen und Bleiben, ohne sich rühren zu können. Und das bis zu dem Zeitpunkt hin, als der voll geile Patrick mit der nun schon mächtig angeschickerten Blonden am Arm laut lachend das ’Trent’ verlässt.
Wenn man beide so sieht, kommt man nicht auf die Idee, dass Patrick eine Serienmörder ist. Und die Blonde sein nächstes Opfer. Nein, wenn man beide so sieht, hält man sie für ein Ehepaar, das bei einem guten Essen und einigen Drinks den weiteren Verlauf des Tages besprochen hat. Nur wenn man weiß, wie ich weiß, kann man sich das Ende vorstellen. Denn im Grunde ist der Massenmörder ein Spießer und die Blonde eine Hure. Zwar eine der besseren Sorte. Doch eine Hure. Wie Patrick ein Mörder ist - und bleibt. Ein Serienmörder. Dazu mit grauenhaftem Musikgeschmack. Denn Patrick gefällt zum Beispiel ’Somewhere in Time & Rachmaninov Concerto No. 2 mov 4’ nicht. Der hört lieber Rammstein. Eventuell, weil auch deren Musikgewalt ein ’stummer’ Schrei nach Liebe ist. Und es deren Fans nicht anders geht. Denn warum erhalten Killer im Knast die meiste Post. Vergewaltiger Päckchen mit blutigen Slips. Kinderschänder Körbe von Puppen ohne Kopf. Lieben Frauen Frauchen mit Hund?
... doch wenn ich erst neben dir gehe, meine Fiktion lebe, Patrick, dann sieh dich vor. Denn auf Sonntag folgt immer wieder Montag. Und auf Montag ... mein Mischungsverhältnis aus Realität in Erfindung für den Rest der Woche.
Ja, wenn ich neben dir gehe - Schritt an Schritt, Fuß bei Fuß, Schulter an Schulter, Arm in Arm, Hand in Hand - ist es zu spät, Patrick, dann küsst dich der Tod.
Aber den kümmert das (vorerst) nicht. Der geht weiter, schleppt die unentwegt plappernde Blondine ins Hotel Dispens, um mit ihr chinesisch Schlitten zu fahren, wie weiland schon der alte Simmel.
Und ich bin auch dabei. Beethovens Sinfonie Nr. 5 in der Originalbesetzung - mit einer Piccoloflöte, zwei Flöten, zwei Klarinetten, zwei Fagotts, einem Kontrafagott, zwei Hörnern.
Ich nehme die Schlafmaske ab, klappe den Monitor ein und bereite mich auf das Verlassen der Bordtoilette vor. Gleichwohl, ich bleibe dabei: Brüssel ist das schlampigste Teil Stadt meiner Erinnerung. Scheußliche Klos überall. Über die die Exkremente in die See geleitet werden. Fürchterlich. Erst weit hinter Brüssel kommt Paris. Und noch was: landen in Paris ist nichts für Klo-Machos. Fragen Sie bitte nicht warum oder wollen Sie sich als Tunte outen?
Ich, jedenfalls, freue mich auf ein frisch geduschtes Ding im Klo mit Mona. Und auf die Bausünden der Nachkriegszeit. Dann Bier trinken im Freien. Denn nicht nur in Kreta ist es warm. Nein, das Leben ist überall eine einzige Baustelle. Gut, nicht immer zeigt sich auf den ersten Blick was Blumentapete und Granitgestein so verbergen, - aber...
Mona lernte ich übrigens auf dem Damenklo in Orly ’richtig’ kennen, - und auf meine Art lieben. Und Mona erwartet mich auch gleich. Raten Sie wo. Doch raten muss letztlich auch ich, denn Orly ist groß - und hat eine erkleckliche Anzahl Damenklos. Sie ahnen es schon, was? Ja, stimmt, Mona und ich sind nicht fest verabredet. Jedenfalls nicht örtlich. Wir suchen und finden uns nach Lust und Laune. Ganz wie beim allerersten Mal. Und genau deshalb verlasse ich den Flieger auch als Erster. Mona zuletzt. Denn Mona ist der Flugkapitän und muss sich erst noch umziehen. Ich bin ihr Co. Und fast nackt. Nun, kommt Ihnen was ich meine, oder? Wenn nicht, macht nichts, kommen wir eben nachher zusammen. Dazu können Sie sich schon mal frei machen, Lady. Zumindest den Schlüpfer ausziehen - um Zeit zu sparen. Den Rest der Klamotten später, - wenn ich JETZT rufe! Denn Geilheit hat mehr als nur ein Gesicht. So wie surreale Gemälde. Wobei ich dagegen mit der Kamera agiere. (Euch) Tiere beim Akt zeichne. An die Wand platziere, und so lange experimentiere, bis nur noch die Wand zu sehen ist. Das Blut. Die Quelle zur Psyche. Eure Seelen, - Freunde. Stilisierter, grotesker und abstrakter als alles. Dazu Amor und Psyche, diese unheiligen Zwillinge. Die bei mir nur noch Körperteile sind. Ein Fuß oder eine Hand -, wie aus dem Nichts. Denn Gesichter wie Blicke sollen in meinen Fotos nicht dominant daher kommen -, schließlich sollen Träume entstehen, Gestalt annehmen. Und je mehr, je älter ich werde, jage ich diesen genetischen Defekten nach. Gottes Fehlern. Diesem absurden Theaterstück Leben genannt. In dessen Adern Höhlenmalerei, Kritzelei, Pfeile durch Herzen, Strichmännchen, Tätowierungen von Skateboardfahrer wie Rauch im Nichts zerfließen. Auch Hass und Intrige. Unverschämtheiten ohne jeglichen Respekt. Die von euch mir im täglichen Leben hingeworfen, als wäre ich geistig behindert. Oder abstrakte Kunst. Kunst, die in mein Hirn durch eine unsichtbare Mittelohrkamera eindringt. In Bildern, deren Anblick man nie vergessen wird. Diese irren Blicke in den Irrenanstalten. Die im rechten Winkel abstehenden Arme, Beine, Zehen, Ohren, Brüste. Wulstige Lippen über offenen Maulhöhlen, aus denen Hirnmasse rinnt. Geräusche, als wenn die Titanic untergeht. Haut, die wie Wurstpelle irgendwo liegt. Verformte Torsos aus Brot. Gestopfte Hälse. Ausgelutschte Augen. Klaffende Schädel. Offene Bäuche. Provokationen, die breiter sind als Hemden in der Mangel - und voluminöse Speichelflecken haben. Die (eklig grau) vollgesamt sind. So was von schmutzig, dass die nie mehr weiß werden. Die den Endtag der Welt verkünden. Als ob jemand durch die Luft laufen könnte, über Wasser, um uns zu vergeben. Doch es bleibt dabei, dass das Leben ein gigantisches perverses Theaterstück ist. Inzucht, Inzucht, Inzucht, - a la Dresie and Casie.
Nun, was ich aber am Fick mit Mona besonders interessant finde, ist die zwanglose Gestaltung des Spiels mit (unmittelbarer) Einflussnahme. Das Wählen und Entscheiden was, wo, wann und wie das Umfeld aussehen soll. Nein - nein, es muss nicht immer die große Nummer sein. Es muss die Größte sein! Jedes Mal! Immer mehr! Denn wir folgen unserer Inspiration, lassen uns treiben, gehen einen unsichtbaren Pfad - der andererseits alle möglichen Ausflüge und Abschweifungen gestattet. Deswegen ...
Und wenn Sie Glück haben, begegnen wir uns mal irgendwo in (einem Klo) der Welt. Schon die Vorstellung daran erregt Mona und mich kolossal. Es wird also ein grandioser Fick heute. Ich bin mir 100 Pro sicher! Und morgen dann Dubai.
Fliegen Sie doch einfach mal mit uns, sehr geehrte Damen und Herren. Dann sieht man sich in Natur. Wo immer Sie wollen - wird der Albtraum real. Versprochen. Und dazu ein großes Ehrenbussi!
7
Um von der Buchhandlung Harder die Tickets zur Lesung von Patrick abzuholen, schicke ich Max.
„Nimm einen von den Rolls!“
„Ja, Master!“
Eine Stunde später frage ich Erna ...
„Hast du was von Max gehört?“
„Kein Wort“, schnarrt sie.
„Wo der Kerl nur wieder bleibt ..., Erna?“
Zehn Minuten später fährt Max im Taxi vor.
„Max! Was ist passiert?“
„Die Karten habe ich, Master, aber der Rolls ist weg!“
„Was heißt ’weg’?“
„Gestohlen!“
„Gestohlen? Mein Rolls?“
„Ja, Master ...“
„Welcher ist es denn?“
„Der Brombeerfarbene.“
„Ausgerechnet - bist du wahnsinnig ...! Den habe ich für heute Abend doch schon schmücken lassen.“
„Tut mir Leid, Master!“
„Tut mir Leid - tut mir Leid ... Sag mir lieber, wo wir bis heute Abend einen neuen herbekommen.“
„Wir haben doch noch drei im Stall, Master.“
„Aber keinen in Brombeer!, verdammt!“
„Tut mir Leid, Master!“
„Hör auf mit dem tut mir Leid - tut mir Leid ... Ruf lieber den Rosstäuscher an und frage nach, ob wir einen kaufen können!“
„Natürlich, Master, - kaufen. Das ist die Idee des Tages.“
„Max, keine unnötigen Späßchen, du weißt doch, dass ich in gemieteten Karren nicht fahre. Und Gräfin Cira kann ich das schon überhaupt nicht zumuten.“
„Ich weiß, Master!“
„Dann kümmere dich darum. Aber pronto!“
„Habe ich schon - doch leider ...“
„Wieso leider ...“
„In ganz Deutschland steht kein Rolls in Brombeer zum Verkauf.“
„Und im Mutterland der Rollse?“
„Nur ein Vorführwagen ...“
„Max! Ich bitte dich!“
„Ich weiß, Master.“
„Mein Güte, ist das peinlich, nun muss ich Gräfin Cira bitten, ein anderes Kleid zu tragen.“
„Welchen wollen Sie denn nun nehmen, Master?“
„Da muss ich erst die Gräfin fragen!“
„Gut, Master, dann lasse ich vorsichtshalber alle drei schmücken.“
„Gute Idee, Max. Vorher sage aber Erna Bescheid, sie möge mich mit der Gräfin verbinden!“
„Mache ich.“
„Und wenn du meinen Smoking checkst, achte drauf, das Easton dem nicht zu nahe kommt.“
„ ... immer noch die alte Sache, Master?“
„Ja, immer noch das leidige Thema!“
Das leidige Thema begann mit einem Spaziergang meinerseits (mit Hund Easton) im Park von Sanssouci, den ich, um Easton auf Kaninchen zu hetzen, deshalb extra habe absperren lassen; allerdings die Gräfin von Sanssouci unterschätzte, die mit ihrem haarfreien, chinesischen Nackthund im Gefolge die gleiche Idee hatte. ... obwohl ich mich immer noch frage, wie zwei bis fünf Zentimeter hohe Nackthunde Kaninchen jagen ... Mein Irrtum des Tages aber darin bestand, das Easton, als er den Mininackthund filettiert anreichte, mir nicht zu verstehen gab - weil ich ihn nicht fragte -, dass es sich bei dem Köter der Gräfin um einen Nackthund handelte. Und ich deshalb verzweifelt den Balg des Tieres suchte, um den mit Vorzugsaktien Gold, Öl und Edelsteinen zu schmücken, als sich mir die Gräfin ’Chu Chu’ lockend näherte.
„Sie da!“ sprach mich die Gräfin an, wie man Dienstbolzen anspricht, „haben Sie meine Chu Chu gesehen?“
„Leider nicht, Gräfin.“
... die Gräfin Sanssouci, liebe Freunde, ist mir von einer der legendären ’Black in Black Mitternachtsmodenshow’ von Joop bekannt (der, inzwischen von seiner Tochter obdachlos gemacht, im Kellergelass des Schlosses der Gräfin wohnt, wie man munkelt), während die Modenshow ihren weltweiten Ruf darin begründet, in vollständiger Dunkelheit stattzufinden ... erzählt ein Herr Lagerfeld.
„Ist Chu Chu ihr Hund, Gnädigste, wenn ich fragen darf?“ Während ich hinter dem Rücken Max auf heftigste winkte, zu verschwinden, da der im Weidenkorb Marke ’Dessert In’ zwischen Cleveland Wedding Cakes aus Ohio und 1928er Krug Champagner das filetierte Teil von Chu Chu verwahrte und Mühe hatte Easton zu regulieren, der davor saß und herzzerreißend weinte.
... und da sagen Leute, dass Hunde keine Seele haben, - ein Kuckuck Ave Maria singen kann ... Nein, auch der Fuchs wechselt lediglich den Balg, nicht aber den Charakter. Auch deshalb ist das Waidloch komplett. Dazu benötigt werden: Mundschutz, Handschuhe, Holzfleischklopfer. Tacker, Messer, kleiner Seitenschneider, Luntenschiene, Wäscheklammer und Luntenholz. Doch das wissen Sie ja bereits.
8
Patricks Lesung ist gestrichen, tickert hektisch mein iPod.
... er säße in Haft wegen des Verdachts auf Vergewaltigung ... als ich nachfrage. Sitzt, säße? Verdammt, was hat das eine mit dem anderen zu tun? In USA wohl nichts, obwohl die dortige Justiz den Haftbefehl ausgestellt hat; Patrick soll angeblich in Schweden ... und die Schweden haben dieses fragwürdige Verfahren konstruiert. Doch den Erfolg einer solchen Klage darf man als zweifelhaft bezeichnen. Und die vorbestimmte Niederlage des öffentlichen Anklägers ist im Echo jetzt schon verheerend. Denn nicht nur ich sehe Patricks Millionen Fans im PC vor dem Kammergericht in Moabit demonstrieren. Ja, jetzt schon stehen tausend rote Nasen dort, und es soll überwältigender sein als am Feiertag gleichen Namens ...
Erst wollten sie Patrick mit einem Spionagegesetz aus dem Ersten Weltkrieg verfolgen, sickert auf Wikileags durch. Doch diese Überlegung wurde rasch gecancelt. Denn da kamen sich die Herren Mächtigen wohl doch zu angreifbar vor. Und ich muss Ihnen dazu gestehen, liebe Freunde, ich weiß überhaupt nicht um was es eigentlich geht ... Denn nachweislich war Patrick nie in Schweden, da ist es ihm viel zu kalt, wie ich weiß. Also kann es der US Regierung doch nur um seine vergleichsweise harmlosen Pornomörderbücher gehen. Obwohl, die Gewalt steigert sich im Verlauf des Buches so, dass ich es zeitweise weglegen musste. Und ich bin bestimmt kein ... und kann abartige Sachen durchaus ab. Und so fesselt mich sein Roman auch weiter, der ist, als hätte ich all den total kranken Gräuel selbst geschrieben. Ach was, diese blutigen Beschreibungen, die so einfach erscheinen, sogar selber ERLEBT. Ja, ich, der eine geniale Seriosität mit viel Aussagekraft und ein Herz für Gesellschaftskritik mein Eigen nennen kann. Der ich (dann irgendwann) ein verzweifelter, am Abgrund stehender Mann bin. Und im Showdown ein schuldiger Mörder sogar, von der Polizei gejagt, der in seiner Verzweifelung seinen Anwalt anruft, weil er sich der Justiz stellen will, - weil seine Mordlust überhand nimmt... Er deswegen seinem Anwalt (meinetwegen soll der Anwalt Meyer heißen, doch was habe ich hier schon zu sagen ...) den Anrufbeantworter voll quatscht und, weil der Meyer sich nicht zurückmeldet, zu dessen Haus fährt um ihn ... und danach den blutigen Anrufbeantworter einem Obdachlosen am Hauptbahnhof mit den Worten „ ...das Teil ist eines Tages Gold wert, du musst nur warten können, Bruder!“ schenkt.
Ganz am Ende ist es dann seine Sekretärin Brian, ein Typ mit Bergen von Muskeln, der Sonnenschein in seine verkrustete Seele bringt. Der in ihm drin etwas zum Guten bewegen kann, indem er ihm einfach nur zuhört. Und plötzlich erscheint er auch mir völlig menschlich, der Patrick, seufze (ich) aus einer Anwandlung von Mitleid: PATRICK ... du Opfer der Gesellschaft, und der Zeit in der du lebst -, ich sehe nie wieder abfällig auf dich hinunter, versprochen ... doch zuvor musst du dich der Polizei stellen ...!
Aber da hatte er sich, was ich wegen einer Signalstörung im Orbit nicht wusste, längst in den Tagesablauf hinter Gittern eingebunden -, suchte gar schon Opfer. Hat mehr als ein Auge auf Harry, zum Beispiel, einen Betriebselektriker und vorbestraften Handtaschenräuber, der ausgebrannt, drogenkrank, am Tiefpunkt der biographischen Kurve angelangt auf seine Hinrichtung wartet. Zu dem Patrick tröstend „ .. dir kann geholfen werden, du unbekannte Schöne“ sagt.
Meine Güte, da sieht man mal wieder, das so Dinge wie Facebook nicht für jeden gut sind, denn Geheimnisse sollte man schon hüten, als wären es welche. Ich stelle deswegen erstmal mein iPhon ab und mache ein Nickerchen.
„Easton - komm ... Na komm schon ...!“
9
Ein Krieg wird vererbt. Eine Handlung. Ein Mord. Ein Dasein. All das künstliche, anerzogene ist eine Anomalie. Verwandelt den Menschen in ein anderes Wesen. Zerstört die Persönlichkeit.
... es ist egal
wo der Soldat stirbt
wer ihn frisst
wenigstens man hat was
zum Knacken
zwischen den Backen ...
Ich bin leidensfähig. Ich bin so erzogen. Ich bin einer derer, die in den späten 68ziger Kinderläden vegetierte. Dazu folgendes: Ich habe den Laden angesteckt, meiner Mutter ... das sage ich lieber nicht, meinem Vater in die Schnauze gehauen, Abitur gemacht - oder war’s andersherum? Vier Semester Medizinstudium eingeschoben, - und dann meine Bestimmung und Profession als Söldner gefunden. Ja, ich habe Menschen getötet. Für Geld! Für viel Geld! So wie alle es tun. ... ich habe. Und ich bin. Und schäme mich nicht dafür!
Ich kam aus einer Hütte in Medellin und warf im Gehen eine Handgranate. Das Mädchen muss sofort tot gewesen sein. Und irgendwie tat sie mir leid, wie mir die ganze Welt ab und an leid tut. Das Chaos. Doch es lag am Umstand. Es liegt daran. Es war Krieg. Es ist Krieg. Wir gegen die. Die gegen uns. Ich für alle.
Gegen Nachmittag rückten wir gegen das Dorf vor. Es war irre, war heller Tag, und doch stand ein voller Mond am Himmel. Blass zwar. Aber er war. So wie wir.
Mit dem Gesicht im Schatten von Palmenblättern, sah ich das Mädchen vor der Hütte; stupste Georg an.
„Sie wird 14 sein.“
„15!“ Meinte er.
„Du gibst mir Deckung, ich gehe hin!“ Nach 20 Minuten war ich mit ihr durch. Die Handgranate zündet ich ihrer Augen wegen. Ich konnte diese Verzweiflung in ihrem Blick nicht ertragen. Die Erinnerungen an den Kinderladen. Meine Mutter. Den Professor, der mal mein Vater war - und nie was auf die Reihe bekommen hatte. Nicht mich. Egal, ich bin damit durch. Ich schreibe darüber ... Und wenn man schreibt, trifft man die Idioten von gestern - die die Idioten von heute sind - die von morgen. Wenn man dann noch mit zwei Fingern schreibt, wie ich, kann man über die Kretins und die Umstände länger nachdenken. So habe ich auch mich kennen gelernt. Unsäglich blieb allerdings dieser Dingsda, ähnlich Patrick, dieses Genie im Verschnitt mit Wahnsinn. Und niemand wusste, was der eigentlich bei uns wollte.
Er weiß alles, sagte er über sich in der dritten Person. Schon das - krank. Oder? Und er schreibe alles auf. Vor allem das Überflüssige, wie ich später lesen konnte. Nach eigenen Angaben hat er Firmen beraten, - die legal betrügen wollten oder es schon taten. Passt zu ihm, würde ich meinem Kampfgenossen Georg sagen - wenn der noch lebte.
...nach meinen Menschenkenntnissen ist der Kerl Psychopath, impotent und pisst ins Bett. Ist Jude, Neger, hat ein Auge und tanzt in der Travestie vom Alcazar den Buckligen. Wenn überhaupt. Dazu lag er auch noch im Stockbett über mir. Doch das war’s nicht. Ich hasste Etagenbetten schon davor.
...der Typ muss einen halben Liter gepisst haben ... Als mich die ersten Tropfen trafen, war ich raus, riss ihn an den Haaren aus der Koje und trat ihn ins Gesicht. Danach rauchte ich eine. Dann kam Alarm. Meine Stiefel blieben blutig, bis der Einsatz gegen die Heroindealer beendet war. Das ausgelaufene Ei des Typen hatte unterdessen die Katze gefressen.
„Ich hab’s selber gesehen“, sagte Georg.
„Wirklich! Danach hat sie sich geputzt. Erst dann habe ich sie erschossen...“
„Mir machen solche Viecher Angst“, sagte ich. „Ich kann nicht ruhig schlafen, wenn was um mich herum kriecht.“
„Hast recht“, sagte Georg. „Weg damit!“
Es sind diese Typen, die sich auskennen. Immer. Ich meine, ein Satzeichen kann genauso gut Fliegenscheiße sein. Ein Bindestrich ein Hundefurz. Schokolade Scheiße. Doch diese Typen lassen nicht locker. Sie sagen dir, dass du ein Arsch bist, wenn du ihre Regeln nicht befolgst. Als ob ich das nicht wüsste. Das Gute daran, viele sind selber typische Ärsche ... Und ich will auch gar nicht wissen wo die hausen. Besser so. Für die. Für mich.
„Ein prima Versteck“, sagte Georg -, zog einen jämmerlich winselnden Köter aus einem herumstehenden Benzinfass.
„Kann ein Fila Brasileiro sein“, sagte ich.
„Stinkt nach Diesel.“
„Und sieht auch so aus.“
„Beißt aber nicht“, grinste Georg.
„Der ist auch noch jung.“ War ich der Meinung.
„Nimmst du ihn?“
„Klar. Fleisch zum Füttern gibt es hier ja genug.“ Und die schmutzigen Gedanken von Georg lachten dazu. Auch deshalb.
„Wie soll er heißen?“
„Tom, wie der aus der Niggerdisco?“
„Nee!“
„Tim?“
„Tim .. Ja, Tim klingt gut, ist wie Struppi!“ konnte Georg sich bepissen ...
Wir hatten die Ernte eines halben Jahres zu verbrennen. Ein halbes Dutzend Cocabauern stand dabei und fluchte. Und Georg hing ein Bündel der Blätterscheiße aus der Tasche. Er kaute so was. Ich nicht. Einer der Indios packte ihn deswegen am Hals.
„Gib mir mein Gras zurück, - Ziegenfick.“
„Dein Gras?“ höhnte Georg - und Blut spritzte ihm aus der Schlagader am Arm. Eine Zehntel darauf gab es einen trockenen Ton, wie beim Tennisspiel, wenn man den Aufschlag Sweetspot trifft, der die Situation finischte. Tim lag an der Erde. Tot. Keine Sekunde später lag neben dem Hund der Kopf des Indios.
Seine Machete steckte ich in den Gürtel.
„Wer weiß, wozu man die mal brauchen kann.“
„Ja.“ Sagte Georg. „Hast du mal ein Verbandspäcken?“
Ich begrub Georg einen Tag später zusammen mit dem Hund.
Ihre Namen ritzte ich in eine Holzlatte. Georg! Tim! Freundschaft! Feindschaft! Blutvergiftung! Vergangene Lieben - und so Scheiß...
„Der Körper ist die kontingente Form der Notwendigkeit meiner Kontingenz“, sagte in etwa Sartre.
Patrick dazu: „Alles, was mich gemein macht mit den Unkontrollierten und Wahnsinnigen, den Grausamen und Bösen, all die Blutbäder, die ich verursacht habe, und meine völlige Gleichgültigkeit darüber, habe ich jetzt selbst übertroffen.“
Und darüber schreibe ich. Über Ziegen ... ficken mit 2 Fingern ... jenseits aller Regeln.
10
Patrick war schon der ’reinste Wahnsinn’, als er sechzehnjährig unter dem Namen seines Vaters an einem Prominentenschreibwettbewerb über sexuelle Vorlieben teilgenommen - und gewonnen hat. Und das, obwohl sich die Creme de la Creme der US-Pornostars am Wettbewerb beteiligt hat. Mit ein Grund für die Profis war das Preisgeld von 100.000 US-Dollar. Und ein Sexpartner frei nach Wahl. Nun ja.
Golddollar, nannte man Patrick wegen des Gewinns daraufhin. Eine Zeit lang. Dann Schnee Kakerlake. Warum Schnee Kakerlake, weiß ich nicht. Es muss sich dabei wohl um einen Insiderbegriff für Prostituierte handeln. Aber da ich zu der Zeit schon nicht mehr in USA lebte ... Ich werde Pat dazu befragen: versprochen!
Begonnen hat es mit dem verlorenen Schlaf, erzählt er. Dass er die selbst gemalten Bilder von den Wänden riss. Mit Zeigefinger und Daumen einen Kreis zeigte. Arschloch. Drei Basecaps übereinander trug. Übergroße schwarze Kapuzenjacken. Muskel T-shirts mit Eastcoast-Skyline drauf. Flagship-Hosen mit Hängehintern. Bei denen es durch die Überlänge bedingt zu merkwürdigen Stauchungen auf den Schuhen kommt. Er sich seine DNA umpolen lassen wollte. Eine Turmfrisur züchtete. Alle Körperhaare entschwefelte. Hysterisch lachen musste, als hätte er auch schon einen dieser Gen-Defekte, die einen von außen nach innen umkrempeln. Amphetaminschluckern, ähnlich Ravern, die mit dem Rätsel ’wohin mit sich’, der existentiellen Frage ’ich fühle nichts außer Irrsinn’ experimentieren. Im Glauben sind ’ach, zwei Seelen wohnen in meiner Brust’ und in deiner sogar drei ... dieser Schizophrenie ... so gewaltig, tief und schroff. Die geil macht auf den inneren Hunger nach mehr. Wie Mengen von Gel auf den Handinnenflächen verreiben um es rechts und links vom Kopf in kreisender Bewegung übers Haar zu rubbeln. Im final Finish den Kopf nach vorne zu schütteln wie blöde. Von wegen Black-Eys-Herkunft. Ja, Leute, knapp zwanzig.000 User haben sich diese ergreifende Begegnung schon auf Your-Stube angesehen. Und die Suchtbeziehung wird extrem gesteigert. Mehr Stoff, hört man allenthalben, muss her.
Zurückblickend sind es aber nur Fetzen vom Schoß seiner älteren Schwester. Dazwischen sein Ich, als hätte er etwas krass Traumatisches erlebt. Und das er Jahre später noch geweint habe, wenn er sich den Videoclip dazu reinzog. Dann die pure Verstörung, als sein Es den Bezug zur Realität verlor. Die Mutter ihn über Monate mit: „Okay, hör auf, dich zu foltern! Stop!“ quälte. So wie auch den armen Art Charter, den kleinen Bruder eines der Sänger der Back Street Boys. Von dem neulich dann auf Twitter Two ein erschreckendes Foto gepostet wurde, das ihn extrem abgemagert zeigte - und er Pat gegenüber zugibt, für die Jonny- Krimmel- Show zu hungern. Doch tatsächlich ist eine Vorentscheidung dazu längst gefallen: Halloween! Mit dem Preis der Wahl von Markenklamotten, High-Tech-Spielzeug und Medikamenten-Cocktails in Yuppie-Anzügen am Rande des Nervenzusammenbruchs. Denn so kaputt wird man nicht über Nacht. Man muss daran arbeiten. Tausend Klimmzüge. Zehn Kilometer rennen. Hunderttausend Situps. Täglich! Und wenn das Spiel um Sein und Schein bei Pat losgeht, ist es fünf Uhr morgens. Auch Zeit für euch, Freunde, das Koordinatensystem zu wechseln.
11
Ich filme. Sie und ihn. Mit Android-Apps. Stelle ins Netz, was ich bekommen kann. Denn nicht nur Smartphone kennt ihn wie er sich selber. Nein, auch ich! Wie er in diesem Moment aus der Badwanne steigt (ich bei ihm - wegen seines Riesen, Sie wissen schon - untenherum voll drauf halte). Er die Seidenjacke anzieht, drunter aber nackt bleibt, ihre Nippel zur Erektion küsst. Die roten Lederpumps mit Schampus Heidsieck füllt, das es spritzt und schäumt. Niemand meinen Seelenschmerz wahrnimmt, dass mein Herz mehrmals aussetzt. Ich dann richtig sauer werde - weil -, ich kenne Patricks Gespielin. Die ist eine meiner Creative-writing-Studentin. Und meine (fast) Eroberung von neulich; die ich aber nicht ins Bett bekam. Nicht mal mit Drogen (LSD). Das sture Weib ... und ich einen scheiß Abend allein verbrachte. Deshalb nun meine Depression. Die mir zwei Valium abverlangt (Blau). Fünf Liter Perrier. Zwanzig Einheiten Evian - womöglich - Viagra. Magnesium. Sonnenstudio. Eisbeutel, meinem Teint zuliebe. Denn ich kann Absagen auf den Teufel nicht ertragen. Fühle mich danach wie der letzte Dreck. Habe schweißnasse Stunden Schlaf in Horrorträumen zu erleiden (erlitten!). Ringe unter den Augen. Muss nun zusehen, wie er seinen Schwanz in sie steckt, der immer schneller rein und raus geht. Sie seine Stöße mit Juchzen und Stöhnen erwidert. Ihre Muskeln anspannt und dagegen drückt, dass es im Stirnbrett kracht. Während ich am Android-Apps fast schlapp mache. An antike Käsebrettchen und marmorierte Holzreiben denke, um mich abzulenken. An eine tausendjährige Keksdose aus (Sterling) Silber, die ich mir selber zu Weihnachten schenken will. Während ich die Queraufnahmen Penis, Hintern, Mund für Fakebock synchronisiere. Er als Fister, dieses Schwein, sie mit der vollen Faust von hinten nimmt und sich dabei mit dem Rüssel auf die tätowierten Unterarme stützt. Es weiter und tiefer geht - bis zu ihrem markerschütternden Schrei, um dann ihre Oberschenkel zu beknabbert als wäre nichts gewesen, während sie liegt und leise weint. Hallo - ist das sein wahres Ich? Oder ist das so was wie meine Traumwelt? Die Puppeninszenierung eines entarteten Künstlers? Ich weiß es nicht ... Weiß nur, dass ich die Spinne auf seinem Grab sein werde. Doch statt Angst zu erzeugen, wird sie von Patrick nur behauptet ... als er zum Beispiel schreibt: „Als ich ihren Namen wiederholte, wurde mir klar, wer sie war.“ Absatz. „Eine Warnung!“ Oder: „Grauen überlief mich, jetzt konnte alles passieren.“ Oder: „Ich sah nicht, was hinter mir war.“ Ich sage, dass das alles elender Käse ist. So schreibt ein zwölfjähriger Schulabbrecher mit Migrationshintergrund. So was druckt doch keine Sau von Verlag in hellbraunes Leinen auf Hochglanzpapier in einen schweinsledernen Katalog. Oder?
Ich höre sie gehen. Fange sie am Lift ab.
„Herr Professor!“ ist sie erstaunt.
„Milena“, fällt mir ihr Name ein.
„Was tun Sie denn hier“, fragt sie mich.
„Ich muss manchmal Abstand haben“, antworte ich, „vom täglichern Einerlei.“ Und das ist ja nicht mal gelogen.
„Und Sie - was tun Sie hier?“
„Ich? Ich habe eine Freundin besucht“, lügt sie. Während ich Patricks Samengeruch aufnehme. Ihre Scheidendünste. Davidoff und Nina Ricci. Ein Brilliantensplitter in ihrer Nase blitzt. Ihr goldenes Fußkettchen ’Verrat - Verrat’ klingelt.
„Eine Freundin -, eine hübsche Idee“, bin ich enttäuscht über ihre primitive Lüge, „und - was tun Sie nun?“
„Wir könnten an die Bar“, funkeln kokett ihre perlweißen Jacketts, „auf einen Drink?“
„Aber gerne“, wittere ich meine Chance, „ein wenig über alte Zeiten plaudern ...“ und ihr auf den Hintern glotze, als sie vor mir den Lift betritt. Meine Güte, was für ein Arsch, denke, und Patrick verstehen kann, dass er sie vorerst leben lässt.
„Sie haben es schon gemerkt, Professor?“ fragt sie, kaum das wir sitzen.
„Was denn?“
„Von meiner Krankheit!“
„Keine Spur“, muss ich zugeben. Und bedaure sofort, mich mit ihr in die dunkelste Ecke der Bar zurückgezogen zu haben, man weiß ja nie ...
„Wollen Sie wissen, was ich habe?“
„Wenn es Sie erleichtert, darüber zu reden ...“
„Das tut es. Vor allem wenn ich was getrunken habe.“
„Wir haben doch gerade mal den ersten!“
„Ich hatte schon vorher“, gesteht sie, „ ...bei meiner Freundin.“
Ja, ich weiß, du kleine Schlampe möchte ich ihr am liebsten sagen. Und dass ich auch weiß, dass ihr Pat den Hintern mit Heidsick ausgespült hat, ihr die Schampusperlen aus der Ritze lutschte ...
„Nun sagen Sie schon“, ermuntere ich sie, „so schlimm kann es nicht sein.“ Ziehe mir rechts Schuh und Socke aus und schiebe ihr unter dem Tisch meinen nackten Fuß zwischen die Beine -, den großen Zeh abgespreizt.
„Genau das ist es, Professor“, sagt sie, „ich stehe auf lange, dicke Zehen ...“
„Ich habe gleich gemerkt, dass mit Ihnen etwas nicht stimmt!“
„Ach, deswegen haben Sie mich neulich auch wie ein rohes Ei behandelt?“ flirtet Sie mit mir.
„Ja - ja“, gebe ich zu.
„Und was ist mit Ihnen“, fragt sie.
„Abgeschwächte Alice im Wunderland Symptomatik !“ lache ich, „von der französischen Linie meiner Familie übertragen.“
„Damit haben Sie es bestimmt auch nicht leicht, was?“
„Nun ja, es bestimmt vor allem wesentlich meine Sexualität ...“
„Wesentlich?“
„Ja!“
„Wie äußert sich das, wenn ich fragen darf.“
„Bei Schüben nach links - links werde ich furchtbar geil.“
„Und - sind Sie jetzt links - links?“
„Bin ich ...“
„Und was passiert rechts - rechts?“
„Dann bilde ich mir ein, wer zu sein, der ich nicht bin - und vergewaltige und ermorde Frauen.“
„Das klingt aufregend!“
„Das ist es auch ...“
„Aber wie können Sie links - links von nur links und oder rechts - rechts von rechts links trennen -, schließlich ist ein sexueller Akt immer auch ein wenig eine Vergewaltigung ...“
„Das stimmt. Doch leider gibt es dafür bisher keine befriedigende Antwort in mir.“
„Wollen wir die Antwort gemeinsam suchen?“
„Aber klar, fangen wir mit meinem Zeh an!“
„Gut ich schiebe ihn mir rein - und wir werden gemeinsam sehen, was passiert ...“
Während sie sich die Pussi reibt, um den Druck meines Zehs den ich zuvor mit einem zehn Zentimeter langen Butch-Harvey Verlängerungskondom überzog komplett zu machen, drücke ich mir durch die Hosentasche mit zwei Fingern so fest ich kann meinen Schwanz an der Kuppe, als wenn eine Giftschlange zur Entladung in ein Reagenzglas gebracht wird. Sie kennen solche Szenen bestimmt aus einschlägigen Tierfilmen der Neuzeit. Und mal ehrlich, welchem Mann haben nicht schon beim Zusehen wahnsinnig die Eier geschmerzt? Mir immer! Und genau so ist dieses Schwanzquetschen bei mir zur Obsession geworden - die ich ausübe, wo ich gerade bin, wenn mir danach ist. Und das Milena jetzt dabei ist, ist nachgerade ein Zufall.
Nach der Erleichterung, die mir keinen überwältigenden Höhepunkt bescherte, und um sie vor Patrick zu schützen, mich andererseits auf ihr - nach meinem Gusto - so richtig auszutoben, schließlich ist sie ein mehr als ansehnliches Mädchen, nehme ich Milena mit nach Hause. Easton freut sich schließlich auch über Frischfleisch. Doch zuvor muss ich noch einige Videofilme zurückbringen (Max hat mich darum gebeten). Und ich weiß natürlich das, wenn Patrick den Satz ’’Doch zuvor muss ich einige Videofilme zurückbringen’’ sagt, er einen Mord begangen hat, zumindest einen plant, oder schreibend damit beschäftigt ist.
Ein renommierter amerikanische Psychologe ist davon überzeugt, dass in bestimmten Situationen alle zu Gewalttätern und Mördern werden können. Bei mir gehört die Rückgabe von Videos definitiv nicht dazu. Denn danach bin ich zum Schänden zu müde ...
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„Ich kann bei dir einziehen“ schlägt sie nach der Dusche vor, „wenn du willst.“
Eigentlich reicht mir Erna“, grinse ich, „und Easton. Auch Max ist nicht zu vergessen ...“
„Die können mir doch nicht das Wasser reichen“, ist sie überzeugt, „das hast du doch eben erlebt!“
„Ja, es war großartig“, muss ich zugeben, „aber Patrick hat dich ja auch darauf vorbereitet!“
„Was weißt du von mir und Patrick?“ Ist sie mittelmäßig erschüttert.
„Fast soviel wie über mich“, muss ich lachen, „aber jedenfalls mehr wie über dich ...“
Und dann bin ich wieder jung. Sehr jung. Und groß. Um die 100.000 cm aufwärts. Trage ein ultra weißes Hemd, einen kokonbleichen Seidenbinder, Jackett aus Taubenfedern, eine elegante, ölblaue Hose und spitze, blau weiß gestrickte Budapester Schuhe. All das schon vom Geldwert her mehr, als ich im Monat Unterstützung habe (Ich nenne jetzt bewusst nicht das Jahr als ich so arm war. Es ist aber mit Sicherheit die Zeit vor meinem großen Erfolg gemeint, - der sich ja problemlos erraten lässt). Kurz und knapp, ich sage ja zum Leben, will einen Job mit Karriereaussicht, später eine Familie. Einen großen Fernseher, Waschmaschine, 2-3 Autos mit CD-Playern, einen elektrischen Dosenöffner fürs Hundefutter. Einen Cholesterinspiegel in Maßen. Eine auf alle Zähne der Familie bezogene Zahnzusatzversicherung. Will den Scheck einer Bausparkasse. Haus. Boot. Geliebte. Zukunft. Life satt ...
Doch was habe ich tatsächlich bekommen? Albträume! Nichts als die... Und immer ist mein Name dabei dann Patrick. Patrick! Ich werde noch irre an dem Kerl. Und das mir damals wie heute problemlos sein Klamotten mit dem eingestickten Familienwappen passen - und Melinas Möse nun auch noch. Echt, irgendwie scheint da genetisch was schief gelaufen zu sein. Eventuell haben wir in der Jugend den gleichen biologisch verseuchten Genmais essen müssen (oder den selben - sogar? Igitt ...).
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Wieder erscheint mir das ominöse Licht. Sprengt meine seelischen Ketten. Und so sehe ich mir (jetzt bekleidet mit schwarzen Jeans, schwarzem Hemd, ebensolcher Jacke) in der Lobby des Hotel Esplanade beim montieren eines Videofilms zu.
Scheint, ich muss mich sputen, denn es sind nur noch knapp zwei Stunden Zeit bis zu Patricks Computerpressekonferenz zu der ich eine kleine Überraschung vorbereite. Will nämlich der versammelten Meute von den erschütternden E-Mail Tsunamis auf Pats Laptop berichten. Über sein iPod, iPhone und iPad referieren. Von Mord, Lust und Gewalt. Und das ich sein größter Großaktionär - und dazu sein heimlicher Fan - bin. Dass er leider aber Freunde wie mich ablehnt. Keine Regeln zwischenmenschlicher Beziehung einhält. Nie Klischees bedienen wird, wie er sagt. Sondern knallharte Kalkulator im Management seiner Taten ist. Und der Rest bleibt sein Geheimnis.
Genau diese geheimen ’Notizen’ schreibt er wie die täglichen Börsendaten in der Programmiersprache Basic. Und alles in ein eher unscheinbares Büchlein das ich nun, dank Milena, in Besitz habe. Auf dessen Umschlag Patricks feine Handschrift (in Bookman Old Style) im Wort NOTIZEN in Gold hervorsticht. Und trotz aller täglicher Mühseligkeit hält er darin sogar die Leichtigkeit der Buchstaben, wenn er in der Schrift zu Fortran wechselt. Das tut er, um nicht von jedwedem Arsch kopiert werden zu können.
Doch oftmals stellt sich das Kodieren als Fehler heraus, wie er sich später eingestehen musste, da es ihm Mühe machte, das Geschriebene wieder zu entschlüsseln. Was das also betrifft, hätte er auch Dezimalzahlen eintippen können - wie weiland Bill Gates, und dadurch womöglich Monate Zeit gewonnen.
Was ich dagegen nun mein Eigen nenne, ist sein Notizbuch mit eingestecktem Bleistift und Radiergummi als Hardware. Immerhin. Und Zeit zum Lesen und Entschlüsseln habe ich zur Genüge. Sogar hier ... im Esplanade. Doch als ich beginnen will, kommt wie aus dem Nichts Bewegung in die eben noch fast leere Hotelhalle. Der Portier, seine Mütze in der Hand, reißt eine Tür nach der anderen auf. Kleinwüchsige Pagen schleppen wie irre Koffer in Schrankgröße. Männer und Frauen rufen sich so was wie Lottotipps zu. Hüte werden in die Luft geschleudert. Blumen erblühen. Motoren dröhnen. Tiger brüllen. Fotoblitze flackern. Damen malen sich die Lippen nach, prüfen die Nähte ihrer Nylons. Kameras surren wie startende Maikäfer, bis grinsend Patrick erscheint, der sich mir gegenüber in den Clubsessel setzt, die Augen schließt, in alle Richtungen nickend schweigt, an einem Kaffee nippt, um behände ein paar unsichtbare Figuren auf die Schlieren vom Tisch zu zeichnen. Frauenkörper, erahne ich, denen er lautlos Namen zuordnet, wie ich seinen zuckenden Lippen entnehme während dazu, wie bei einer übermenschlichen Anstrengung, sein Gesicht vibriert, als würde er in diesem Moment eine mathematisch knifflige Springertour beim Schach ausarbeiten.
Und das Alles ohne jegliche Tastatur und Bildschirm. Ja, wie ein Künstler sticht er sich den Input auf die handinnere Lochkarte. Dreht und rundet das O wie ein weich gesprochenes U, während er beim hart geformten Ä das Outputlämpchen in Grün zutraulich blinken lässt - bis unter der enormen Belastung hörbar sein Zeigefingerknochen bricht. Aber Hallo - das ist doch echt großes Kino von Patrick!
Auch Auffällig, dass die Akustikcodes Black in Black über Telefonkabel laufen. Das ist zwar altmodisch, hat aber was.
Spontan beschließe ich deshalb, auch um mich in seinen Kabeltuner einzuloggen, mir am Hotelempfang Widerstände, Kondensatoren, usw. zu bestellen, die mir dazu dienen sollen über den Minni- Beast- Raster der hoteleigenen Off-Box Anlage seine Hirnleitung anzuzapfen. Und es funktioniert! Fiktion wird Realität. Realität hat Urlaub. Fast wie im College für Erstklässler in Berkeley, als Pat und ich aus Campbell Blechbüchsen Taschenrechner bastelten. Nicht ahnend, dass man - als Andy Warhol verkleidet - damit auch anderswie ein Millionengeschäft machen kann. Denn was sind schon Taschenrechner aus Blech gegen Warhols Dose Marilyn Monroes, oder nackte Micky Mouse Spaltenhefte in bunt?
Der liebe Patrick erlitt wegen der verpassten Chance 'Campbell Dose' einen Nervenzusammenbruch. Doch auch das hatte sein Gutes, denn über Monate bettlägerig entwickelte er rasch eine enorme Leidenschaft für Splatter- Comic- Existenzen - und perverse TV-Kinofilme. Begann schließlich selber Pornos zu zeichnen - und Papierpenisse zuzuschneiden. Warum auch nicht? Einen jungen Menschen muss man einfach mal machen lassen können. Denn nur so wird, was sowieso werden soll.
Und auch erst dadurch wurde nämlich in rasanter Echtzeit der für die Gesellschaft der USA nötige Serienkiller Patrick geboren; wozu aber in seinen Biografien leider die unterschiedlichsten Angaben zu finden sind. Doch um das herauszufindend haben sie ja nun mich ... Es soll/te also spannend bleiben.
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Ich gehe mit der Gräfin Sanssouci essen. Einfach nur so, es gibt keinen besonderen Anlass. Und ihr Hund, Chu Chu, Sie wissen schon, ist auch dabei. Im Vertrauen: Chu Chu ist der von ihren sechs Hunden, der sie leckt, wie ich von ihrem Chauffeur weiß. Und der wiederum weiß es von ihrem Gatten, dem Herrn Grafen Hubert, - der leider letztes Frühjahr schwer krank verstarb. Der trotzdem treu sein Pflicht getan. Preuße bis zum letzten Tag (allerseits unbemerkt, wie er glaubte) den Chauffeur beschlief. Diesen wunderbaren Menschen mit großen Augen, samtenen Wimpern, der so herrlich eng im Anal. Ein typischer Inder eben. Und Auto fahren kann er auch noch ...
Zur Vorspeise geht es im Gespräch mit der Gräfin um nichts. Nicht mal um Chu Chus Künste. Denn der Hund kann singen. Neulich sang er die kleine Nachtmusik, erzählte die Gräfin bei der Fuchsjagd in der Wuhlheide der Bundeskanzlerin. Die Presse berichtet in fetten Zweispaltern darüber. Doch heute hustet Chu Chu (unter dem Tisch) vernehmbar, um sich dann in eine rasch vom Personal gereichte Serviette zu erbrechen. Ich höre das Würgen und Kotzen ganz deutlich, während die Gräfin über das Wetter redend darüber schweigt. Selbst als es sauer unter dem Damasttischtuch hervor weht.
Das mit Chu Chus Übelkeit muss am Kaviar liegen, fällt mir dazu gerade ein. Ein Desietra Beluga Kaviar - vom Hausen - Malossol. Störkaviar aus Deutschland a la Borax. Mal ganz ehrlich: Ich empfand den auch als einen Stich zu warm. Doch die Gräfin geht auch darüber hinweg, noblesse oblige, meint, was sie trägt und in den letzten Tagen bei eBay ersteigert hat, sei einzig erwähnenswert. Kommt über Chanel zu Diesel. Schwärmt von Prada bis Gucci, von Armani bis Versace und Cavalli, Dior, Balenciaga, Valentino, Fendi, Emilio Pucci, Jimmy Choo, Zanotti, Richmond, Dolce & Gabbana, Miu Miu, Tod’s, Tom Ford und vielen anderen. Derweilen ihr Chihuahuaköter Chu Chu in Krämpfen liegt - und ich mir zwei 80er Verapamil auf meine Herz-Rhythmusstörungen einpfeife.
Zum Hauptgang mit Lamm an Princessbohnen, gedünstetem Fenchel und Rosinenrösti, den wir mit Mouton Rothschild 1945 ablöschen, erzählt die Gräfin ausschließlich von sich.
Dass sie in New York geboren sei. Und von ihrer langen Reise in Herz und Gehirn - und raus aus der Finsternis. Von einem echt irren Trip, wie auch ich ihn als Junkie kennen lernte. Dann von ihrer Flucht als letzte Ausfahrt aus den Slums von Brooklyn, rüber nach Deutschland.
Respektabel auch ihr Anprangern vom Unwichtigmachen eines normalen, einzelnen, unspektakulären Menschenlebens durch die kapitalistische Konsumgesellschaft und den Popstarkult um Mediensternchen und Scheinprominenz. Und wie ein männliches Fotomodell zu ihrem lebenslänglichen Sexkiller in Bezug auf Männer wurde. Mal ehrlich, erwartet habe ich das nicht unbedingt von ihr. Noch dazu ihr ständiges Gequatsche, während herbeigeeilte Sanitäter unter dem Tisch versuchen, Chu Chu mit Elektroschocks wieder zu beleben. Bis dann der Pastor mit Gefolge und Klingelglöckchen kommt, um dem armen Hund die Beichte abzunehmen. Echt, in dessen Haut möchte ich nicht stecken. Dann lieber im Chauffeur -, während die Gräfin von einem reizenden Abend mit mir in ihr iPhone schwärmt „ ... und so diskret und hilfsbereit für einen berühmten Schriftsteller ... trotzdem wir auf das Dessert verzichten mussten ... eben ein vollendeter Gentleman ... “ Und ich mich wieder einmal mit Patrick verwechselt sehe. Es ist zum Hals-Durch-Schneiden peinlich. Ich bin deshalb echt zufrieden, als ich die Gräfin am Schloss absetzen kann und mir der gräfliche Chauffeur zur Entspannung ein gemütliches Herrenbordell empfiehlt.
„Eventuell komme ich ja noch nach!“ lockt er.
„Das würde mich nach dem verkorksten Abend ganz besonders freuen, mein Lieber ... in dir so richtig einen wegstecken ...“ versuche ich ihn unter vorgehaltener Hand geil zu machen.
„Au revoir, liebste Gräfin,“ verabschiede ich mich endgültig.
„Es war mir ein Vergnügen, liebster Patrick. Übrigens: mit Ihnen möchte ich einmal nackt im Meer baden.“
„Ganz meinerseits.“
„Sie können ihn mir aber auch gleich hier zeigen ...“
Gibt es irgend etwas Jämmerlicheres als jemanden der immer nur sagt jetzt nicht? Nun, ich weiß natürlich aber auch nicht was einsamer macht, der Tod oder das Leben? Call me urgent under!
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Ich kann schweigen. Ich kann so was von schnell, empört und resigniert schweigen, so rasch können andere nicht mit den Augen blinzeln. Ich schweige zum Beispiel, wenn der tägliche Horror mich überkommt. Immer öfter über Politik. Über Allianzen der kapitalistischen Diktaturen die das Wort Nigger gegen Sklave tauschen. Als ob das den heutigen Himmel über der Hölle besser oder schlechter machen würde. Nein, in Wahrheit erinnern diese Lügen an einen im Dornenbusch zerfetzten Luftballon mit Kinderhandschrift als Absender darauf. Das der Traum von Glück über den Wolken zu fliegen längst ausgeträumt ist. Eine Antwort unmöglich. Umsonst gehofft wurde. Vergeblich gebangt, gesegnet, gebetet, verflucht, getötet und gestorben. Nutzlos all die Gebote, Gesetze, Verordnungen, Strafen und Kriege. Verfehlt die Zeit in Krippe, Kindergarten, Schule, Universität, Kaserne, Knast und Psychiatrie. Es lebe die Vernichtung! Der Kampf mit sich selbst. Mann gegen Mann. Frau gegen Mann. Mann gegen Frau und Kind. Alle Kinder gegen jedermann über achtzehn. Und doch zusammen auf den Barrikaden gegen das Kapital. Man braucht nur genug Drogen. Fußball. Opium. Glauben. Spiritus. Grüne Kernkraft. Gelbes Öl. Dunkles Brot und gedopte Spiele. Jede Menge Kohle. Täter. Opfer. Menschen, die ihre Nachbarn erschlagen. Männer, die Frauen vergewaltigen. Kinder missbrauchen. Henker, die als Soldaten verkleidet sonst wo in der Welt Terror verbreiten. Und irgendwo auf der Erde verkündete dann eine Regierung Andersdenkende seien nicht mehr wert als Küchenschaben - und hätten den Tod verdient. Geheimpolizisten misshandeln die, der nationalen Sicherheit wegen ... Und so weiter und so fort.
Nun, ich stelle mir die Frage nach Gut und Böse im Menschen längst nicht mehr. Ich handele schweigend. Man nennt mich einen entarteten Menschen. Dabei bin ich ein Künstler. Ein schreibender Lautmaler mit schriller Fantasie. Man vergleicht die mit der von Jack Unterweger, der für die ihm zur Last gelegten Morde außer ein paar schmutzigen Damenslips in der Gosse seines Gewissens keine positive Tat vorweisen konnte. Doch ich habe nicht mal Motiv und Alibi dafür. Nicht, dass heutzutage Vögel tot vom Himmel fallen. Und es werden immer mehr. Aber ich kann darüber schweigen. Ich kann schnell, empört und resigniert schweigen. Aber nicht schnell genug mit den Augen blinzeln, um als blind zu gelten.
20
An einem Sonntag Nachmittag hatte ich Gott so weit. Er weinte. Und lehnte seinen Kopf an meine Schulter.
„Warum nur, Jesus?“
„Ich bin wie ich bin, Vater. Du hast mich geschaffen!“
Am Montag Mittag hatte ich Gott so weit. Er weinte. Und lehnte seinen Kopf an meine Schulter.
„Warum nur, Jesus?“
„Ich bin so. Du hast mich geschaffen!“
Dienstag früh hatte ich Gott so weit. Er weinte.
„Warum nur, Jesus?“
„Du hast mich so geschaffen!“
Auch am Mittwoch weinte er -, lehnte seinen Kopf an meine Schulter.
„Warum?“
„Du hast ...!“
Am frühen Donnerstag Nachmittag hatte mich Gott so weit.
„Warum, Jesus?“
„Ich bin, Vater!“ weinte ich.
Freitag: „Jesus?“
„...!“
Am Samstag hatte ich Gott geschaffen.
Warum nur?
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Wieso Selbstzerstörung? Da stimmt kein Wort. Überhaupt nicht. Ich bin - eigentlich - gegen Drogen. Stolpere über meine eigenen Füße und werde prompt von deren Geruch krank. Aus der Besinnungslosigkeit erwacht, überrollt die Schnecke die Trompete, die Ukulele die Bassgeige - und ich bin auf der Stelle blind für Rot, um mir gleich danach Mut anzusaufen, Tabletten zu schlucken und ... habe Glück: bin als altes Kind in einen neuen Schoß zurückgekehrt. Und genau damit beginnt die Gehirnoperation.
Dazu habe ich ein eigenes Trinkglas und einen Teller mitgebracht, Schieberchen und Unterlegtuch. Darauf portioniere ich Schönheit (in einer Skala von Tiefe/ganz unten ich, ICH), Unschuld, Erotik, enigmatische Hingabe - und was man Sehnsucht nennt. Über das Ganze drüber einen Spritzer Kosakenzipfel. Also ’on Top on’ einen Mix aus Drogen und Alkohohl, Saft von mir gegen dich. Wut und Elend. Deins. Meins. Wo ja aber eigentlich kein Unterschied festzustellen ist. Nun, Glaubwürdigkeit und Urvertrauen positioniere ich des Weiteren. Blutsfreundschaft und Wahrheit. All diese differenten Sachen. Und nun sage mir einer, ich hätte nicht Glück gehabt - in dem was ich tue und was wird. Punkt und Ausrufezeichen, - in denen ich verschwinden will, sollte es mit mir so weitergehen wie bisher. Denn das Leben muss einzig für mich da sein, nicht ich für das Leben. Und es sollte so ruhig sein wie man sich in einen Diskurs einführt, und der beginnt so: null Kohle, es mit allen verschissen, zurück auf Anfang. 90. Breitengrad. Leck Arsch, was für ein Sonnenuntergang!
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Der Schauprozess ist die Landschaft. Schauprozess = Landschaft. Schauprozess = Leben. Und das Patrick sich bei seinem ersten Zug Koks in die Hose schiss. Furzen habe er wollen, erklärt er dazu, doch der Schuss sei in die ... war eben schlechter Stoff und ist ewig her. Jetzt nehme er so gut nichts mehr. Obwohl ihm ohne Stoff alles zu eng wird. Wie ein Spieler, der ohne Kohle nervös rauchend vor einer Zockerbude rumhängt, dem überall alles zu eng ist. Der Lebensmüde wird, oder blöde geworden im Kaffeehaus sitzt und alte Weiber beobachtet. Die er dann zum Pinkeln aufs Klo verfolgt, um deren Handtasche zu mausen. ’I want satisfaction!’
Ich trinke zwei fette Coca-Cola light hintereinander, von wegen aufputschen, beobachte Patrick. Und trotzdem, was die Zukunft betrifft, bin ich pessimistisch. Pat dagegen weiß gar nicht, was Pessimismus ist. Ich wiederum glaube, dass wir alle, schneller als ein Flugzeug fliegen kann, dem absoluten Untergang entgegenstürzen. Manche fliehen jetzt schon davor. Vor ihren Depressionen. Doch Patrick glaubt an gar nichts. Nicht an Depressionen. Flieht deshalb auch nicht. Sitzt einfach nur rum. Lässt sich von den besagten alten Weibern umringen -, signiert seine letzten Schmöker. ... haben Sie die Oscar-Verleihung neulich gesehen? Einfach entsetzlich! So ist es auch hier ... und der Schmerz der Schweine hört nie auf. Doch dann stößt Betty Blue dazu. Die irgendwie mein Typ ist. Ich behalte sie im Auge. Wie sie lacht, wie sie spricht, was ihr Körper tut. All das ist mir angenehm. Auf dem Weg zum Klo fange ich sie ab, überrede sie an die Bar, auf einen Kurzen, dabei mag sie lieber Champagner, wie all die verwöhnten Gören. Verwöhnt wäre sie nicht, meint sie, sondern vom Leben gebeutelt.
„Das passt“, meine ich, und bestelle ihr und mir noch einen.
Als sie singt, ihre Bluesstimme reibt wie Sandpapier, kommt auch der
Bar-Pianist in Schwung und wir drei werfen uns beim Rock’ n Roll gegenseitig über die Schultern. Irgendwann, der Pianist legt längst Platten auf und kühlt zwischendurch seine Finger in einem White Label Eiskübel, Patrick ist weg, will ich sie in einem irren Gitarrenfinale von Bill Haley aufreißen und anschließend in meiner Suite windelweich ficken.
„Betty Blue Supply“, heißt sie, sagt das Biest über sich, als ich ihr auf der Tanzfläche den Slip runterreiße.
„Patrick, Serienmörder“, stelle ich mich vor. Darüber lachen wir uns schlapp wie Schlagsahne von gestern, und am nächsten Morgen klingeln zwei von der Kripo bei mir an, - fragen nach ihr.
„Frau Supply? Keine Ahnung“, muss ich wahrheitsgemäß sagen, „ ...das letzte war die Überwurfnummer zu Bill Haley, woran ich mich erinnere.“
„Aber Frau Supplys Wagen steht noch in der Garage!“
„Dann wird sie wohl den Aufzug genommen haben. Oder was meinen Sie?“
Ab dem 1. April erhalten Ferkel in Deutschland ein Schmerzmittel, bevor man sie kastriert. Ich möchte nie ein Ferkel sein. Oder April. Auch nicht Betty Blue Supply heißen. Doch die Hühnerei große Beule am Kopf vom Überschlag, die möchte ich weg haben. Und zwar sofort! Die verursacht Schmerzen wie Sau.
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In mir ist November. Trüb und kalt. Trotzdem rieche ich nach Schweiß. Nach Kippe. Sprit. Bin hungrig. Durstig.
„Lass uns was trinken“, sage ich. Während mein Leben einen unruhigen Takt schlägt. Die Wahrheit mein Echo ist. Die Erde flach. Zu fünft, zehnt oder mehr geht es los. Irgendwohin. Während ich letztlich doch bleibe, wo ich bin. OK, der Regen hat aufgehört, nur einige - letzte - Tropfen gleiten über das Fensterglas. Ich stehe unweit davon, eher mitten im Raum, nein, mehr seitlich, nahe beim Spiegel. Am Gitter, - mein Glied in der Hand. Diese weißblaue Made, die wachsen soll. Deshalb drücke ich die kräftig, um die Ader zu ticken. Eine pralle Ader. Eine fette Ader. Muss sein. Um der einen satten Schuss hineinzudonnern. Ja, die Waffe dazu ist schon warm. Kocht bald. Und ich bin geil - von wegen Flash. Allein durch den Geruch von Zitronensäure. Das anpumpen. Ich habe keine Wahl. Will die auch nicht. Es ist mein Körper, mein Leben. Auch wenn die Speiseröhre Schrott ist. Meine Adern im Wind schaukeln. Die Nasenscheidewand eine U-Bahnröhre. Von Blut geronnen. Schwarz. Verkrustet. Plastik des Denkens. Erinnerung gestern sein wird. Die alle Tage neu beginnt. Die spitzen Töne, wenn sie schreit. Ein bebender Rhythmus, in dem sie manchmal stockt. Dann Stille, wie aus dem Bermudadreieck. In die hinein ich eine Überdosis auf die Kerze kotze.
„Die Nächte sind ein einziger Fluch“, flüstere ich Richtung Seelenschatten.
„ ... in time you pay for next days ...”
„Fucking Loser!”
24
Mir ist egal wo das Ende der Welt liegt. Kopf oder Arsch. Traum oder Wirklichkeit. Ich bin -, das zählt!
Die Erde duftet noch frisch die vergangene Nacht, der Morgen ist so eben den Wassern am Horizont entstiegen. Um mich herum stehen Bäume, zusammengerollte schlafende Tiere - die wie mit Bleistift gezeichnet sind. Blätter, Blumen, Blütenstaub atmet. Am Wegende sehe ich Rispen im ewigen Schnee, so eben der Hölle entronnen, die mit den verschossenen Grasnaben zu reden scheinen. Vom Tal her winken tropische Blütenfäden, die im struppigen Dickicht Leben trinken. Tropfen von Tau.
Ich ahne all derer Träume, Sehnsüchte, die am Platz, wo die Hengste in Liebesglut wiehernd rasten. Ja, ich beneide all diese frei geborenen Geschöpfe, die keine Namen haben, die wie Rauch sind, die so etwas wie Glocken tragen, um sich, vom Dunst entquollen, zu finden, die auf und abschwellen, sich schlingen, aneinander drängen, um dann außer sich zu geraten, ausdehnen, schwebend scheinen, die sich ineinander verströmen, um sich dann in die Höhe zu strecken, zu wachsen, dahin wo Bäume Schutz bieten, wo in den Zweigen Tausende Ströme Duft fließen. Nur dort oben können sie sich in die auserkorenen Diamanten der Zeit reihen, mehr als das Salz der Erde sein, um in der Blätter Widerschein mit allen Schönheiten unter der Sonne um die Wette zu funkeln.
... es ist das Paradies, woher ich stamme - und ich bin gemacht aus diesen blauen Materialien vom Mars, aus Mondlicht, gemischt mit Kreide. Bin Kalkstein. Granit. Materie, die sich in sphärischer Höhlung aneinander reibt, die in Strömungen fließt, wie Schlaf in einsamer Nacht, wenn das Herz im Traum weint, sich krampft, wie wild schlägt, um irgend etwas unentwegt zu durchmessen, zu durchbrechen, um in schwimmender Nacht voran zu treiben, sich in den Stunden des gedämpften Lichtes geheimnisvollen Bildern entgegen zu stemmen, wie um mir die Schwermut zu vertreiben, die mich hin zu den Stromschnellen führt, die zwar gebändigt scheinen, doch wild sind wie immer. Dort, auf dem Lauf aller Wasser, berühre ich die frühe Rose, die noch nie erblüht, wandere zu einer Kathedrale aus Segmenten von Lava, Gestein, das von der Seele der Welt aus Tiefen aufgestiegen, das verbunden mit ewiglich ineinander gehäuften Muscheln, die mit blassen Rändern bedeutet, von schweren Augenlidern gekränzt, in einem Sturm von Würze getragen, nun ruhen, die im Panorama der finalen Farben des Herbstes stehen.
Mir ist echt egal wo das Ende der Welt liegt. Kopf oder Arsch. Traum oder Wirklichkeit. Ich bin -, das zählt!
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Das also ist der Ort des Geschehens. Aufgeplatzte Müllsäcke, zerbrochene Holzkisten, verrostete Eisenteile, ein stinkendes Dickicht aus Gestrüpp von Großstadt. Reste eines Zauns, umgeknickte Bäume. Direkt nebenan die Schnellstraße. Doch ich blieb unbeeindruckt von all dem Dreck, war die Kaltblütigkeit und Gelassenheit in Person, durchdrungen von einem Geist, der genau wusste, was er tat.
Ich schoss - und sah ihn fallen.
„Das hast du nun davon, - du alte Drecksau“, sagte ich dem im Sterben liegenden Typen. ... und ich erzähle hier mal, wie es dazu kam; denn kurz zuvor lehnte der Macker noch rücklings und irgendwie lässig in Art eines James Dean in ’Jenseits von Eden’ an einem rostigen alten Fahrrad, dass ohne Lenkstange und mit platten Reifen am Geländer vom U-Bahneinstieg Leopoldplatz stand. Echt, schon über die Präsentation und seinen tief in die Stirn gezogenen Hut ärgerte ich mich maßlos.
Kann keiner von hier sein, dachte ich noch, wegen seines dunklen Teint und der mächtig gekrümmten Nase, - hab den vielleicht in der Zeitung gesehen ... Egal, denn vor allem bemerkte ich den Typen wegen des Regenmantels, der Stiefel, - hatte einen ungeheuren Verdacht, trat näher - und sah am Mantel in Höhe seines Geschlechtsteiles tatsächlich eine im Rhythmus einer Bewegung hervortretende Beule. Kein Zweifel, der Kerl onanierte.
„Lass das sofort sein, du alte Pottsau“, forderte ich ihn deswegen auf.
Doch der Typ machte weiter.
„Ich kenne dich“, sagte ich, und schlug ihm den Hut vom Kopf, „hör ja auf damit, du Mistbock!“
Den Macker störte das anscheinend überhaupt nicht.
„Du hast hier gestanden und meine Tochter mit deinem perversen Tun belästigt“, sagte ich.
Doch er äußerte sich nicht.
„Die Polizei hat dich laufen lassen“, sagte ich, „obwohl du einschlägig bekannt bist“, sagte ich - und schlug ihm voll meine Faust ins Gesicht.
Der Typ blieb stumm und ohne Reaktion.
„Gut, dann soll es wohl so sein ...!“ Ich trat zwei Schritte zurück, zog die Kanone - und schoss ihm in den Bauch. Er wimmerte wie ein Hund jault, hielt seine Hand über die Stelle wo Blut den Mantel färbte und versuchte auf die andere Straßenseite zu flüchten. Ich rotzte - nur so - zwei Schüsse hinter ihm her. Lief zu ihm, als er stehen geblieben war, sich krümmte, warf ihn zu Boden, zog das von meinem Ur-Opa ererbte Kampfmesser der Waffen-SS (auf das ich echt stolz bin) hervor, riss seinen Kopf zurück - und schnitt ihm in einer einzigen Aktion die Kehle durch. Und genau diese Handlung erinnerte mich an vor zehn Jahren vor meinem Haus, als ich dort meinem verblödeten Nachbarn, der mit seiner Schrottkarre die Einfahrt in meine Garage zugeparkt hatte, alle vier Reifen aufschlitzte, - der darauf weinend aus seiner Hütte gestürzt kam, um nach mir zu treten. Und glaube mir - es war sein letztes Mal!
Übrigens, die Karre war nach einem bisschen putzen wie neu, und fuhr sich dank Automatikgetriebe echt spitze. Seine Alte freute sich immer wieder, wenn ich nach der Nummer mit ihr mit qualmenden Reifen vom Hof hetzte.
Nun, der Typ lag auf dem Rücken - wie ein Opfertier, die Hände über den Kopf gestreckt. Und ehrlich, das wunderte mich - und ich grübele heute noch über das Warum ... Ich stiefelte ihn dann noch ein paar Mal locker, zog einen vollen Elfer auf seinen Schädel ab -, verspürte wegen meiner Verachtung auf ihn unbändigen Durst und ging in die Destille gegenüber. Mal ehrlich, warum sollte ich auch flüchten, wie mir einige eben noch enthusiastisch Beifall klatschende Leute rieten, - nur weil die Bullen nach mir zu suchen begannen, wie ich durch die Kneipenscheibe beobachten konnte? Ach was ... Und ich sehe noch wie heute den Kerl im blauen Regenmantel und den dazu passenden Stiefeln in seinen Litern Körpersaft liegen, als mich die Polizisten wegführten.
„Hören Sie“, sagten die beim Verhör im Revier, „haben Sie es nicht bemerkt? Der Mann war sprach- hör- und sehbehindert und hatte lediglich ein Meerschweinchen unter seinem Mantel, - nichts weiter!“
„Meine Güte“, war ich betroffen, „hoffentlich ist dem Tierchen bei dem ganzen Gedöns nichts passiert, ich habe nämlich wirklich ein ganz besonderes Faible für so Viecher!“
„Na gut, wenn Sie mögen, können Sie das Teil gleich mitnehmen.“
Ich habe den Bock dann nach einem peruanischen Rezept zubereitet. Gut, das Fleisch war zwar fettarm, roch aber süßlich penetrant; der Bock war nicht kastriert, wie ich zu spät sah. Egal wie, - ich esse so was nie wieder -, wirklich nicht, - nicht mal der Hund wollte die Reste vom Hoden. Und genau diese Verweigerung meines Befehls führte zur Erfüllung seines Schicksals. Nun suche ich nach einem passenden Rezept für ihn; werde dazu mal den Chinesen am Eck fragen.
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Gehirn/Tote Trakte. Besser und besser. Lauter und leiser. Schlichter und Schlechter. Liege ich am Spreebogen in der Sonne, hinter mir das Kanzleramt, vor mir die Kulturwüste Stadt. Reden und Schweigen eingesponnen in Dis/Harmonien zwischen Grabplatten und Melodien aus den Geräuschen da drunter. Dem Plappern aus alten Gräbern. Nicht schlecht, nicht direkt hübsch, diese Sprache wie Leukämie, die man nicht mehr stoppen kann. So rattert Nacht für Nacht das Dasein mit greisensanftem Händedruck in die Maschine. Herz, genannt. Kaputt die ehemals konstante Schaffenskraft, - schlaff - wie ein oft gebrauchter Penis. Patrick, der mehr gemordet, geliebt und geschrieben als Herz und Leber verdauen können. Ein Schreiber, Mörder, ein Idiot der unermüdlichen Sorte. Respekt! Bei dem die neueste Lieferung Tod gerade eingetroffen scheint. Weiber und Korken als Erinnerung/Tagebücher. Doch er braucht die nicht mehr, aber die wollen nicht gehen. Sitzen auf der Bettkante. Versprechen unverfälschten Genuss. Stehen zwischen Kneipe, Matratze, Blutdruckmessen und Dünnschiss. Ohnmacht und Sterben. Eine besondere Art von Zombienummer. Der Tanz im Siechtum. In Alter mit Tod. Die Unkunst im Verlieren. Missbraucht an Kindheit und Jugend. Abgehandelte Gewaltakte. In Folge mehr als einmal totale Zusammenbrüche. Aufgearbeitet in Gedicht für Gedicht. Prosa für Prosa. Zeile für Zeile. Gedacht wie gemacht. Getan und beschrieben. Erlebt. Haut um Haut. Knochen um Knochen. Leben um Leben. Nie vergessen. Früchte im Zorn. Der endet, wie Hemingway sagte, dass er sich die Beine um die Bettpfosten verknotete um selbst/zerstörerisch an seinem eigenen Schwanz zu lutschen ... Um mit Hirnblutungen auf der Intensivstation ... und dem Herzen im Staub ... der siechen Leber ins Blaue ... aufs Ende anzustoßen ... Salute: nature as ancient - Vulva. Ich, Serienmörder, Maneater - habe Patrick getötet. Es lebe sein Ich in mir weiter. Und weiter. Weiter.
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„Wenn du meinst“, sage ich, „mach weiter.“
„Ich tue, was ich für richtig halte“, nuschelt sie und versucht, mit der linken Hand das Rinnsal Blut auf ihrer Lippe zu stoppen. Presst mit der anderen ein Black & Purple Bustier in ihren Versace Leather Shoulder Bag.
Ich gehe derweil in die Küche, stelle mich vors Küchenfenster - und trinke direkt aus der Flasche Perrier-Jouet. Noch während ich trinke, es in meiner Nase prickelt, rummst die Wohnungstür, quälen ihre Gianmarco Lorenzis die Fliesen. Klack - klack. Klack - klack. Und dazwischen dieses Zischen, Schaben - eher Schurren, als wenn sie den Fuß nachzieht. Vielleicht macht sie das extra, um mich zu demütigen, denke ich. Sekunden später surrt das Garagentor, - startet flüsternd der Maybach. Glück gehabt, - du bist für heute davongekommen, denke ich. Davon/ge/kommen ... Denn noch bin ich Ich. Und schreibe!
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So richtig kann man sich die ehemalige Verkäuferin Monika (Patrick log sie schon beim ersten Treff an und behauptete, dass sie BWL studieren würde), als nichts anderes vorstellen als ’die Nutte LuLu’.
Nicht als Verkäuferin, noch als Ehefrau, unmöglich als Mutter. Nein, als Mutter schon gar nicht. Und egal was man sich vorstellte, sicher ist, sie wird dies und das auch nie sein, weil sie nie Verkäuferin und schon gar nicht Mutter sein wollte, eine, die ihr Kleinkind zu oft allein lässt. Nie Ehefrau, weil sie ihren Mann betrügt, da sie so gerne ’fremd’ geht, und was anderes als Nutte erst recht nicht. Sie wollte Studentin von irgendwas wie BWL sein; einfach so. Doch jetzt, aus dem Niederknien, steht sie schwerfällig auf - die Knie tun ihr weh.
Patrick hatte sie geschlagen, bis sie fast bewusstlos war. Ihre Beine gegriffen, als sie lag, - sie wie einen Sack geöffnet, schrubb - schrubb seinen Stab gewetzt - und ihr den tief eingestoßen. Erst von vorne, dann von der Seite. Hatte sie gezwungen sich zu bücken, um sie rektal zu nehmen. Schrubb - schrubb. Dann gewürgt„ ... nun komm schon, du Sau!“ An ihrem Hals gedrückt, bis sie unter zuckenden Krämpfen den Hinterleib hin und her warf und unter sich kotete. „Na bitte, es wird doch...!“ Schrubb - schrubb, sein Kommentar.
Ihre Nerven sind wie zerquetscht, als er wie wahnsinnig in sie dringt, stößt. Doch ihr Blut kreist noch ruhig innen drin. Nur wenig erregt ist ihr Herz. Bis die Lungenflügel drücken, ihr Atem schwerer wird, als Patrick zum Finale ansetzt - gleichzeitig ihr Darm nach oben drängt. Nur noch eine Frage der Zeit, dann wird ihr das Blut aus dem Kopf weichen und sie ohnmächtig werden. Tintendick dann, schwarz-blau, als Patrick in sie einschneidet ( ...fettes Blut, wie auf dem Schlachthof der Schweine, denkt sie), um sie mit ihrem Saft zu beschmieren. „Nun mach schon!“ befiehlt er. Also stellt sie das Becken hoch - und lässt die Gäste kommen. Patrick, das Tier dann erneut über ihr, atmet ungeheuer tief ein und aus -, bald als wenn die Sau ersticken würde. Als wenn ein Stein aus großer Höhe fällt, um unter Getöse aufzuschlagen. Sie wird dem Mann, dem Tier, ihren Kunden weiterhin gefällig sein. Wippt auf und ab, hin und her, hoch und runter, langsam und schnell bis er brüllt, sich schüttelt im Krampf seiner Hoden, kommt und spritzt - das Vieh. Auf unsicheren Beinen steht er danach über ihr (blickt in den gut ausgeleuchteten Fleischerladen der Nutte LuLu) und sie muss zulassen und sehen wie er auf sie uriniert. „Ich krieg dich schon klein, warte nur, - Fotze!“ stöhnt er dabei.
Offensichtlich sind die Vollzüge und Verfahren dieser Randale in Patrick fest verankert an einem Platz, den nicht mal er richtig kennt, und niemand kann in dieser Brutalität mithalten; und Patrick schon überhaupt nicht, meint Patrick.
Patrick, pah, der tut nur, was zu tun ist. Aber der kann nichts tun, wenn ich nun seine Lieblingshure quäle.
Denn die trägt sogar vor Gericht ihre schwarzen Graceland Stiefel, ein dunkelblaues Seidenkleid mit Schalkragen von Dior, Make Up von Yves Rocher. Sie wirkt damit, als hätte sie Klasse. Nur neulich, als sie wegen Beischlafdiebstahl und versuchter Erpressung festgenommen wurde, schrie sie völlig außer Kontrolle ’Bullenschweine!’ - meinte damit aber Patrick. Sie habe, gibt sie vor Gericht weiter an, die Randale in der Bar aus äußerst erhöhtem Seelendruck begangen. Dazu käme ein extremer Alkoholpegel, - sagt ihr Rechtsanwalt. Sie trinkt sonst nicht, entlastet sie zudem Patrick. Der hatte an diesem Abend selber drei Flaschen Champagner intus und wusste von nichts mehr ... Bei Ihrer Festnahme - in später Nacht - wurden 2,2 Promille gemessen.
Nun, über Patrick sagt sie nichts schlechtes vor Gericht. Auch deshalb will sie Patrick wiederhaben. Es scheint, als liebe er diese Hure. Und deshalb ist sie wohl auch noch am Leben. Doch das kann sich (meinetwegen) im Nu ändern, - denn ich liebe Huren nicht. Keine von denen. Und 'den Patrick' in mir erst recht nicht.
37
Patrick ist aus der U-Haft entlassen. Die Vergewaltigungsanzeige der beiden Damen aus Schweden wurde zurückgezogen. Und ich sagte ihm, dass wir noch mal darauf zu sprechen kommen müssten.
„Wo drauf?“
„Du hast mich doch neulich gefragt, warum Männer wie ich verkehrt herum auf dem Klo sitzen?“
„Männer wie du?“
„Ja.“
„ ...und, warum also?“
„Mich, zum Beispiel, hat der Blitz getroffen!“
„Der Blitz?“
„Ja, hat er, - bei einem Fußballspiel. Er fuhr aus blauem Himmel mit Sonnenschein ..., ich schwöre es!, in meinen Kopf, ging in den Reißverschluss, verschweißte dessen Metall. Fuhr mir über Brust und Bauch direkt in den Schwanz, verbrannte meine Klöten zu Esskastanien und rauschte aus meinem rechten Fuß raus.“
„Ja, das kommt dabei raus, - weil du keine Krankenversicherung hast.“
„Du bist ...“
„Sorry.“
„Weißt du, meine Dinger sind jetzt winzig und sehen aus, dass du denkst, die haben eine Hefepilzinfektion, ehrlich.“
„Und dein Schwanz?“
„Der ist auch so. Doch immer auf der Suche nach Futter.“
„Ehrlich?“
„Ja, der scheint wie ein Mehlwurm ... Das käme von der Stickstoffbehandlung, hat mein Arzt erklärt.“
„Und deswegen sitzt du auf dem Klo verkehrt rum?“
„Ja ... es ist ... ein ... technisches Problem, compri?“
„Kannst du das noch weiter ausführen?“
„Nein, will ich nicht und kann ich nicht!“
38
Patrick machte mir Kopfschmerzen. Er hatte sich in letzter Zeit verändert, und nicht nur weil er ein Bekannter von Jugendtagen her war, eher ein Geschäftspartner, musste ich mich um ihn kümmern; denn wenn die Geschäfte schlecht liefen, lief mein Leben beschissen.
Im Augenblick lief es zwar nicht ganz so beschissen - wie zuvor, denn ich hatte Jana kennen gelernt. Liebe und Leid. Licht und Schatten. Mit Stunden dabei, da habe ich sie mehr geliebt als mich. Und Tagen, da habe ich sie mehr gehasst als mich. Und das soll was heißen.
Nun, auch Jana war blond. Und trotz aller Vorurteile Blonden gegenüber, ihr Körper war Spitzenklasse.
Halt, einen Eindruck erweckt man nicht, indem man spitze aussieht, meinte sie, sondern, dass man was im Kopf hat. Sie studiere nämlich Medizin. Sechstes Semester. Nebenbei, um sich das Studium zu verdienen, schaffe sie in einem Nobelpuff an. Und da sah ich sie zum ersten Mal, zehn Tagen nach ihrem Beginn dort.
„Sie sind eine besonders Hübsche!“ machte ich ihr ein Kompliment, dass sie sicher gewohnt war, „wo hatte ich die ganze Zeit bloß meine Gedanken...“ Und als ich sie dabei direkt anblickte, das ist so meine Art beim Ersten Mal, schaute sie zurück, und ihre blauen Augen blickten vertrauensbereit, groß und offen.
Alles an ihr, wie auch ihre Lippen, die Höhe der Stirn, und die Farbe ihrer Wangen, darauf lege ich besonderen Wert, stimmte.
„Ich möchte mit ihnen einen Kaffee trinken, kommen sie...“ zog ich sie mit mir. So fing es an - eigentlich wie immer.
Als wir auf Sylt landeten, war es genau Zeit für einen Kaffee. Danach fuhren wir in mein Haus und vögelten. Ja, thx für die Nachfrage - auch der Sex mit ihr war göttlich, wie das Mousse zum Kaffee.
„Hast du mit Patrick auch?“ Und im Augenblick wusste ich, dass ich mir die Frage hätte ersparen können, hatte ich Patrick doch selber die Anweisung gegeben, jede neue Huren zu testen.
„Sei nicht böse, Patrick hat zwar einen riesigen Schwanz, doch wirklich, ich stehe nicht auf solche großen Dinger, und schon gar nicht auf die Art wie er es tut!“ Schon das eine einzige Lüge, denn jede Frau steht auf große Dinger. Und da zwackte es - irgendwo; nein, nicht irgendwo, sondern ganz tief in mir schäumte der Mageninhalt hoch, bog sich das Herz zum Fragezeichen, machte etwas, dass meine Stimme rau wurde, die Knie weich, meine Hände zitterten, die Lippen rissig und trocken wurden. Der harte Hund, der ich vermeintlich war, verspürte Eifersuchtsgefühle. Scheiße! Sie hätte sagen sollen, dass sie mich liebte, dann wäre alles halb so schlimm. Sie sagte es aber nicht - und das war schlimm ... Nach ein paar guten Tagen mit Baden und Sonnen, Essen, Trinken und Sex satt, - alles in Vernunft mit mäßiger Leidenschaft, standen wir in unserer Beziehung da, wie wir angekommen waren. Und ich wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Es war das erste Mal, dass ich nicht wusste wie es weitergehen sollte. Und Patrick konnte ich nicht fragen, der hätte geantwortet: schmeiß das Huhn raus, irgendein anderer Idiot wird sie dir schon abkaufen.
An jenem Tag, als wir uns von Sylt verabschiedeten, ging sie noch mal ins Haus zurück und ich, aus irgendeinem Instinkt heraus, hinter ihr her. Sie stellte ihre Handtasche auf den Tisch, öffnete sie, wohl um sicherzugehen, dass sie alles eingepackt hatte ..., und zeigte mir einen kleinen Revolver. Eine Walter PPK. Ich war ehrlich überrascht.
„Solltest du mich jemals enttäuschen, werde ich dich erschießen!“
„Und hier“, ging es weiter,“ zeige ich dir, dass ich finanziell unabhängig bin“, breitete sie vor mir diverse Papiere aus. Broschüren und Formulare, wie mir schien. Dabei war auch eine Kundenliste, wie ich sah, von den Freiern, die sie regelmäßig buchten.
„Von denen hier,“ und sie deutete auf die Liste, „kann ich dir jede Menge erzählen!“
„Erpresst du die?“
„Natürlich nicht.“
„Ich hätte dich auch sofort verabschiedet -, dass weißt du?“
„Na klar, weiß ich das; es ist ja auch nur als eine Art Lebensversicherung gedacht.“
„...“
Aus dem Innenfach ihrer Tasche holte sie während sie sprach einen goldenen Füller.
„ ... außerdem besitze ich noch andere Lebensversicherungen. Welche mit begrenzter Laufzeit, wie dich. Dazu ein Sparbuch bei der Bank, einige Kunstgegenstände und teuren Schmuck.“
„...“
„ ... und wenn du willst, überschreibe ich dir auf der Stelle alles was ich besitze; willst du?“ Aus einem anderen Fach ihrer Tasche zog sie ein vorbereitetes Formulare und sah es sich prüfend noch einmal an.
„Nun, willst du?“
erst war er held dann auch der narr/er bot sich uns als alles da/
was er so konnte/genau wie die da in paris/hilton
nein ...
so tot/d berühmt möcht ich nie sein wie all die tunt/en und narzissen
bei allem geld
es ist und bleibt von mir darauf geschissen
ja /nein/ja/nein/ja
da liege ich lieber im spagat mit mir selber pudelnackt in der sonne
ersoffen in 47/11 meiner umgebung und warte
dass es teer regnet
woher ist mir völlig scheiß/egal
Ich wusste, dass ihr Angebot kein Spaß und schon gar keine Heuchelei war. Denn jede Geste war vorbereitet und durchdacht -, sie war eben eine gute Schauspielerin, die glaubte was sie spielte, wie jede Tophure, und die Ablehnung durch mich wäre für sie eine Katastrophe. Ich sagte mir, es wäre nur ein Geräusch statt eines Angebots; ein Schlag meines Herzens, ein Pochen in der Seele. Und so trennten wir uns - ohne Streit.
Ich nahm den Flieger. Sie blieb da.
76
Ich werde entlassen. Wieder einmal. Aber nur auf Bewährung -, wie immer.
Vor der Tür steht wartend mein Vater. Daneben ein Mädchen. Blond, schlank, leicht gebräuntes Gesicht, lange Arme und Beine - und lacht mich zahnpastaweiß an.
Ich gehe an den beiden vorbei und höre noch wie mein Vater ’Hallo!’ sagt. Daran anschließend weint das Mädchen herzzerreißend, wie man so sagt.
Als ich so an die fünfzig Meter an den beiden vorbei bin, steche ich mit einer Stecknadel in den Luftballon, in dem mein Kopf steckt. Es knallt mächtig - und ich ziehe Sauerstoff.
Nase, Zunge und Lippen sind ziemlich blau angelaufen, sehe ich mit einem Blick im Spiegel des Taxis. Dessen Fahrer, ein cooler Vollbarttyp a la Gott, mit einem Geruchs- Geschmacksbaum am Innenspiegel, mir frohes Fest wünscht als ich aussteige und ohne zu bezahlen davongehe, um über Weihnachten nachzudenken, - dabei habe ich Geburtstag.
Kaum sitze ich im Restaurant, kommt Vater rein.
„War das dein Auto?“ fragt er.
„Ja, meins - und auch mein Chauffeur!“
„Keine schlechte Wahl ...“
„Und wo ist Mutter?“
„Die hast du mit diesem abscheulichen Kondom über deinem Kopf verprellt, Junge“, sagt er, „mach so was bitte nie wieder ...“
„Versprochen!“ sage ich dem Alten in die Hand, „nun lass sie schon raus ...“
Vater öffnet das iPhon, Mutter springt raus und Vater, ganz Kavalier alter Schule, rückt ihr den Stuhl zurecht.
„Ah“, seufzt sie, „jetzt erstmal ein schönes Glas Champagner ...!“
„Auf dich, mein Junge!“ gratuliert mir auch Vater, „und ein friedliches Weihnachten auf Erden!“
„Ich werde mir Mühe geben“, antworte ich wie von ihm erwartet - wobei der Gedanke, besser in der Klapse geblieben zu sein, wieder die Oberhand gewinnt.
77
Oft ist davon die Rede, dass man zu viele Häfen ansteuert, dass man zuviel will - oder so Scheiß. Doch klar, das trifft bei mir auch zu, denn ich will immer alles. Und oft will und wollte ich immer alles zur falschen Zeit ... und entschuldigte mich später auch noch mit den falschen Gründen. Im Nachhinein ist das eine einzige Enttäuschung für einen zielstrebigen Typen wie mich - und trifft mich vordringlich, wenn es sich um Frauen in meinem Leben dreht. Denn die sind und bleiben die immer offenen Wunden in allen Situationen. Mag es ein guter Fick gewesen sein, ein deliziöses Essen (und danach erst der Fick), oder einfach zu viel vom Wein, vom Gras usw., denn zur Ikone verklärte ich die alle -, was nicht mal ihre Abgänge änderte. In neuester Zeit höre ich deswegen stundenlang Herbert Grönemeyers Album ’Mensch’. Besonders die Stelle, wo er den Tod seiner Frau besingt ... und dann heule ich so was von überfrachtet, mein lieber, lieber Gott!
Ja, bei mir waren es nicht wenige Frauen - und es werden noch viele sein ... Und mal ehrlich: ich weiß jetzt schon überhaupt nicht wie ich die täglichen Blumenmengen bezahlen soll, um die Damen zu würdigen. Und Blumen, meine ich, sind doch das mindeste was ich noch für die tun kann.
Aber um noch mal Gott ins Spiel zu bringen, auf eine Kerze in der Kirche war ich natürlich auch schon deswegen. Habe sogar gebeichtet, obwohl ich nicht katholisch bin. Doch wen schert das schon? Nicht mal das blödeste Schaf dort.
Bei Schaf denke ich gleich an Patrick, die Sau. Sie erinnern? Das ist der idiotische Schreiber, mit einem entsprungenen Protagonisten. Und der nun wieder ein irrer Vergewaltiger und Mörder, dem ich in der ganzen Welt nachreiste, um als Warnung seinen Arsch auf Airporttoiletten festzukleben.
Doch bald war das schon nicht mal mehr ein running gag, - denn die Presse berichtete wie krank darüber. Wichtigkeiten, mit denen die Geld verdienten, Sie verstehen? Deshalb wurden mir die Aktionen sehr beliebig. Auch konnte ich Patricks Hintern nicht mehr sehen, sein erigiertes Glied. Und also kehrte sich alles um. Und ich gerate an den Ausgangspunkt meines Denkens, nämlich, dass man zu viele Häfen ansteuert, dass man zuviel will ... Dabei wollte ich lediglich Patrick einen mitgeben ... Doch es wird, mein Tag kommt ( ... pathetisch mit einem azurblauen Himmel voller Geigen ...) mit Arschgeigen, Tafelwasser und Schmalzbroten im Picknickkorb. Und ich als fettes Salz dazu. Die Essenz reiner Natur - kurz vor Sylt. Versprochen! Denn genau dort fing alles mit dem Jugendschwimmerabzeichen in Silber an. Dem Sommer in Dreiecksbadehose. Den Mädchen in Bikinis. Mit einem Sprung vom niedrigsten Brett. Verbunden mit dem grellen Geräusch eingeworfener Fensterscheiben. Dem bald darauf ein richtiger Wumms vom Zehnmeterturm folgte. Meinem Schrei der Erleichterung danach, getrieben vom Schmerz des pavianroten Hintern, dem zur Fußballgröße geschwollenen Hodensackes.
Nun bin ich längst Profi. Habe einen Arsch aus Büffelleder und meterlanges Fell am Skrotum. Nur, das glaubt mir auf den ersten Blick keiner. Leider. Es stimmt aber, und man kann es bisweilen auch sehen. Zum Beispiel jeden Sommer Buhne 16 , - wenn die Luft flimmert, Mensch und Natur heiß und träge sind, ich mit mir synchron bin. Die absolute Dröhnung, sozusagen - stehe ich bereit zum Sprung. Und genau das bringt mir ein unbändiges Lebensgefühl: NACKT die Bombe zu machen! Eier in der einen, Schwanz in der anderen Hand. Voll geil wenn es abgeht, rauscht, aufklatscht und eintaucht -, himmelhoch Wasserorgeln aufsteigen, Fontänen sprühen, vom Beckenrand Musik ertönt, Mädchen johlen. Von denen ich mir dann eine pflücke, um mir in den Dünen einen blasen zu lassen. Oder zwei. Bis die Körperanspannung raus ist und die jugendliche Unbekümmertheit in ihren Gesichtern von meinem harzigen Samen verdeckt wird. Ich dann erschlaffe - und meine Aufmerksamkeit auf sie abtrockne wie die Lust auf weitere Partys und wildes Feiern über meinen zweiten Platz, was in einer Prügelei mit ihrem Macker endet. Diesem Loser, der mit Schraube und gehockter Kartoffel nur den dritten Platz belegt hat. Echt, so was ungeiles an Sprung ist mir noch nicht mal im Traum eingefallen. Dann lieber adrenalinfett gleich zwischen die umstehenden Topfkakteen gehechtet. Und so fing alles in Wirklich an ... Doch dazu noch eins: Sylt habe ich erfunden - der Rest ist voll die Wahrheit!
78
freelancer wellcome
und ich bin was stolz
habe 2037,7 freunde bei facebook und es ist erst ende juni
mit brezel wetter wie facebook braucht
damit die zombies über ticker auf rss voll mobil bleiben
speziell die schlipsträger auf ihrer pull-strategie
ich liebe in echt diese kleinhirnwichser
die ihre dates aus vogelperspektive gezoomt warten
'bin 3 wochen auf den malediven'
und ihre bude auf mickys panzerknacker side loaden
'mickky will dich als freundin hinzufügen'
also ab die rübenscheiße und bestätigen
denn social net freunde kann man nicht genug haben
und null ist sowieso nur 40 minus 50,zero%
also klick real dein i-phone zum traffic einlochen
'spart zeitaufwand'
um deinen todestag zu appen
oder bist du schon zu alt für sone scheiße?
79
Ja, n i/Phone, mein feuchter Traum seit Wochen ... aber mal ernsthaft: seit Jahren schon wundere ich mich, dass mein Pimmel immer kürzer wird. Erst hielt ich das für’n Altersleiden - und das keiner darüber spricht: nun ja ... Doch Gestern war ich im Unikrankenhaus Hamburg zur Untersuchung meiner Augen. Und siehe da: ich habe nicht nur’n grünen Star (Glaukom, für die Ärzte unter euch), sondern auch den grauen (Katarakt). Und als ich aus einer Idee den Professor auf mein kürzer gewordenes Ding angesprochen fragte, sagte der: nun, Sie werden schon sehen ... was immer das heißen mag.
Am kommenden Dienstag ist also der Op-Tag (neue Linse und Abflussreiniger - rofl). und am Donnertstag drauf kommt voraussichtlich der Verband ab. Ach, ich freue mich ja schon so den Lümmel in altem Erscheinungsbildung wiederstehen zu zusehen. Und wenn nicht: ich kenne den Weg zu Kiez und ner Kanone noch aus alter Zeit auf St. Pauli (Pinzner - wem der Name was sagt)
Übrigens: ich lasse mich nur örtlich betäuben, nicht dass der Doc mir was an der verkehrten Stelle abschneidet und alles Hoffen im Ar... , ähm - für die Katz war. Also Horrido, meine Freunde ... Leidensgenossen, positiv denken - und back to the base!
80
In einem knallheißen Juli, der auf einen Montag fiel, lernte ich sie im Strandbad Tegel kennen. Sie, dass war eine naturblonde, schlanke, - lag unweit von mir auf einer geblümten Decke, in einem Bikini, der in mir Fantasien freisetzte, wann und wie ich ihren Körper besitzen könnte. Mit anderen Worten: ich war geil – und es wurde sichtbar immer mehr und ich musste dringend dagegen etwas tun.
Als ich aus dem Wasser kam sprach ich sie direkt in ihre blauen Augen hinein an.
„Nina ..“, sagte sie, sei ihr Name, als wir zum Eisessen in Richtung Restaurant gingen. Und das wir den gleichen Heimweg haben würden, denn sie kenne mich über eine gemeinsame Freundin.
„Die hat hoffentlich nur Gutes erzählt, was?“
„Ja, sagte sie“, und hielt sich beim Küssen an meinen Schultern fest.
Zur Bushaltestelle hin führte uns der Weg durch den Tegeler Forst. Durch Gestrüpp und Bäume war eine Lichtung zu sehen. Dorthin zog ich sie.
Kaum auf der Decke, waren wir nackt und beide genau dort feucht, wo es hingehörte. Unter Küssen und meinen Fingern in ihr drin stöhnte sie auf. Ich unter ihren weichen Hand. Nach dem sie gekommen war, führte ich mein Glied ein.
Nach ersten Stößen drehte ich sie auf den Bauch. Erregt vom Anblick ihres festen Hinterns, drang ich tief in sie ein, berührte mit dem Finger ihren Kitzler, hielt ihn zwischen Daumen und Zeigfinger fest. Es dauerte. Und erst als sie sich wie im Fieber schüttelte, hin und her ruckte, klagende Laute hören lies, erfüllte ich mich immer wieder in ihr. Endlos. Ihr heißer Atem zitterte noch in der Luft, als es für mich erneut kein Halten gab. Ich drehte und wendete ihren Körper wie eine Puppe im Spiel. Meine Lust war bei ihr, hart in ihr, fordernd auf ihr.
Ich durchmaß Raum und Zeit, bildverseucht, voller Begierde, in einem Gefühl, dass die Vergangenheit und irgendeine Zukunft einschloss, als Akt aber unnennbar blieb. Es war die Raserei im Wahnsinn. Ja, ich war in der Zukunft angekommen, in ihrem Schoß gefangen. Ein Blatt Papier, ein Testament, ein Urteil auf Bütten. Sie ein Heiligenbild auf Samt. Ein Umriss von Gestalt, Lust auf den Tod. Ein Alles, dass mich auch Jahre später noch berührte, als wäre es so eben geschehen.
Der Rückweg zog sich, und es war heiß. An der Bushaltestelle hielten wir uns umarmt, als wäre es tiefster Winter und Frost.
„Der Bus kommt in zehn Minuten“, sagte ich nach einem Blick auf den Fahrplan.
„Ich habe Durst, und so lange halte ich es nicht ohne zu trinken aus“, entgegnete sie mir.
„Ich kann uns aus dem Restaurant dort drüben was holen.“
„Das wäre lieb“, sagte sie.
Genau als sich die Tür von Restaurant hinter mir schloss, hörte ich ein Auto hupen.
Ich blickte durch die Scheibe nach draußen - und sah Nina in ein Mercedes Cabrio steigen. Sie winkte ziellos in meine Richtung. Der Fahrer gab Gas und der Wagen hatte sich rasch meinen Blicken entzogen.
„Ein Bier und einen doppelten Klaren“, Herr Ober, bestellte ich, „aber schnell, mein Bus kommt gleich!“
81
Tage später saß ich in der Astgabel einer Weide, in die Herzen geschnitten waren, deren monumentaler Stamm sich zum Himmel hin verjüngte, die ausladenden Zweige sich im Bogen neigten, um in einer Höhe von cirka drei Metern Schilf und Wasser zu überspannen, wie, um alles Leben unter seinem Dach zu haben, zu bewahren, zu beschützen. Ein Traum von einem Baum eben. Und, um für mich den Traum wahr werden zu lassen, waren da noch die frischen Triebe, die Zweige, Äste, mit den zu Tausenden im Saft stehenden Blättern daran, die sich an biegsamen Zweigen bis tief zum Wasserspiegel neigten, dort spreizten, wucherten, um mir Sichtschutz zu bieten.
Nun, natürlich nicht nur mir. Denn damals und oft, direkt unter meinem Sitzplatz, im meterhohen Schilf, zwischen den hängenden Zweigen, halb vom Blattwerk verdeckt, in einem Kanu aus Holz und auf quietschender Luftmatratze, lag ein nacktes Pärchen und liebte sich. Sie oben, er unten. Und ich, der ihnen von der Baumhöhe aus zusah, mit einer Dreiecksbadehose bekleidet und einzig meiner Geilheit im Sinn, hatte blank gezogen und onanierte, - denn deswegen war ich da. Wie immer. Und heute noch, mit fast fünfzig.
... es war also alles ganz unschuldig und hatte seine Richtigkeit, wie schon in den Jahren zuvor und seit dem Anfang meiner Pubertät, bloß, dass ich das niemandem sagen konnte -, obwohl ich all den Fragern banaler Dinge liebend gerne meine eigene Wahrheit in die Visagen habe brüllen wollen, nämlich, dass es mir immer und immer wieder immens Spaß und Erleichterung brachte anderen beim Ficken zuzusehen! Und, dass ich Voyeur und Onanist aus Bestimmung bin. Dass das seit dem so ist, als ich mit neun oder zehn Jahren begann unter der Bettdecke an meinem Ding zu fummeln weil es dort ständig spannte und juckte - und meine Mutter mich aufforderte es zu lassen, weil ..., und mir erzählte, dass man genau davon einen krummen Rücken bekommen würde, dicke, schmerzende Finger, dass man an Schwäche und Auszehrung sterben könne und, dass ein Mann nur tausend Schuss habe. Was immer das bedeutete. Und auch, dass ich späterhin in der U-Bahn durch ein Loch in der Hosentasche onanierte, egal was ich zu sehen bekam, es mich aber besonders spitz machte, wenn ich meinte, dabei beobachtet zu werden. Dass ich heutzutage in Cafes gehe, um dort unter dem Tisch... und den Saft im Tischtuch abwische. Und ins Kino, zu Rockkonzerten, und, dass es mich auf die Straße des siebzehnten Juni zieht, wo die Nutten stehen, um in die Autos der Freier zu sehen. Und, ja, ich habe das beibehalten, freue mich auf den Sommer, da der mich wie magisch in das Strandbad Tegelsee zieht - um dort im Korb zu sitzen, von dort zur Insel Scharfenberg zu schwimmen, wo die Weide steht, ich die Dreiecksbadehose öffne und ...
82
Ich drücke fest zu. Arbeite mit beiden Händen. All meinen Fingern. Beiden Daumen. Bin ganz Auge. Als Maler. Schreiber. Musiker. Harfenist. Dirigent. Künstler. Bin Ich. Der erst vor Stunden aus der Psychiatrie als unauffällig und nicht rückfallgefährdet entlassen wurde. Doch nun liegt ER unter mir. Auf dem Rücken.
Ich hocke auf ihm. Drücke immer noch fest zu. Blicke in seine Augen. Sehe ihn an ... Ergründe sein Gesicht. Wie es schwitzt. In ihm stöhnt. Sein Körper krampft. Wie der Mund schreien will. Seine Augäpfel hervorquellen. Und brechen. Merke eine Erektion. Seine oder meine.
Ja -, davon habe ich all die Jahre geträumt. Von dieser Sternenfülle im Sonnenschein. Dem vollen Mond. Zerfetzten Wolken -, die jagenden Hunde der Nacht. Wald. Und mir. Der ein Wind in den Zweigen. Und, dass mein Herz rast. Die Lunge. Die Welt am Ziel ist. Aber ich weiß auch, ihr werdet mich hassen. Spätestens ab morgen, wenn alle Zeitungen voll davon sind ... Mörder gesucht!
Mir egal.
83
Ich drehe ihn um. Drücke erneut fest zu. ER nun schon entkleidet. Von allem befreit. Wie ich mich von mir befreien sollte ... Eigentlich. Doch nun auch einerlei. Denn ich nehme ihn mir. Wie ein Tier. Jetzt. Weil ich es will. Ach, ich weiß doch, - ihr - ihr werdet mich so oder so hassen.
Doch am meisten hassen wird mich Doktor Schütz, mein Gutachter. Der seine Reputation meinetwegen verspielt hat. Der sich in mir irrte. Und nun mitschuldig wird. Mehr noch als ich ...
Ja, ihr - ihr - werdet ihn mehr verabscheuen als mich. Ihr. Die Gutachter für ALLES und NICHTS. Ihr - die Öffentlichkeit.
Ich. Ich könnte erzählen, wann ich geboren wurde. Wo und wie ich mein bisheriges Leben verbracht habe. Wer Vater und Mutter sind.
Das Vater Handelsvertreter war. Mutter Hausfrau -, die sich die Karten legte, um in die Zukunft zu sehen. Vor allem um zu wissen, was mein Vater so trieb. Denn der war selten zu Hause. Und Mutter meinte zu ihrer Freundin, einer faden Blonden mit der sie Portwein trank, war die zu Besuch - und die kam täglich zu Besuch, dass Vater alles vögeln würde, was bei drei nicht auf dem Baum sei. Nur mich seit Jahren nicht mehr, weinte sie. Doch mit wem Vater sie wirklich betrog, konnte sie nicht sagen. Wie auch die schlimmsten Katastrophen nicht. Nämlich die, was mit mir passierte, als die Blonde mir ihren Mittelfinger ins Poloch steckte - und dabei laut lachte. Da war ich geschätzte fünf Jahre alt ... und meine Mutter beim Friseur. Als ob man auf einer Glatze Locken drehen könnte.
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Mutter ging trotzdem weiterhin zum Friseur, um ihre Perücke für unten und oben waschen zu lassen. Und ich flehte ’Heulsuse’ an, ihren Ring während des Spiels abzunehmen. Als sie es endlich tat, hörte ich auch das Blut in meinem Kopf nicht mehr so laut rauschen. Da war ich neun Jahre alt und mein Loch hinten total vernarbt. Bald darauf starb Vater. Angeblich bei einem Verkehrsunfall.
Suse zog bei uns ein. Ausgerechnet in das Zimmer neben meinem. Um meine über den Tod ihres Mannes verwirrte Mutter zu betreuen. Und an mir täglich zu spielen ...
„Hör auf zu heulen - und sag endlich mal FISTING ...!“ schrie sie mich dabei immer öfter an, „du musst doch in deinem Alter schon sprechen können ...?“
Doch ich konnte auf Vaters Beerdigung nicht mal mehr weinen. Meine Tränen sind allesamt beim Spiel mit Suse drauf gegangen.
Als Tränenersatz bekam Vater meinen Kuschelbären aufs Grab, - denn den brauchte ich jetzt nicht mehr, ich hatte ja Suse. Und die füllte meine angeblich leere Zeit mittlerweile mit ihrer Faust. Und deshalb sah ich hinten auch aus wie die Paviane im Zoo. Und in meinen Unterhosen war oft Blut - und Kot.
Doch meine Mutter merkte nichts. Oder wollte nichts merken. Auch blieb die jetzt oft über Nacht beim Friseur, obwohl ihre Perücken nicht wesentlich mehr geworden waren.
Als ich später einmal am Grab von Vater Blumen ablegen wollte, auch, um meine seelischen Nöte mit ihm zu besprechen, stand auf dem Kreuz am Kopfende vom Hügel ein Name, den ich noch nie gehört hatte. Mutter sagte dazu von mir befragt, dass ich sicherlich das Grab verwechselt hätte; doch mit mir hingeben um mir die richtige Grabstelle zu zeigen, wollte sie auch nicht. So blieb nur die Flucht in meine Gedanken, die, in Erinnerungen an eine friedliche Zeit.
Irgendwann, aus mir unbekanntem Grund, hatte ich einen Nervenzusammenbruch, hörte ich den Notarzt eine Diagnose stellen, - intensive Wahnvorstellungen, denn ich dachte ehrlich, Vater würde noch leben und ich wäre ihm auf der Straße begegnet. Ich wurde angeblich sogar gegen meine Mutter gewalttätig. Wohl deshalb und auf Anraten von Suse brachte man mich mit der Feuerwehr und fixiert durch den mir eine Spritze setzenden Notarzt „ ... hoch dosiert Valium ... da schläft der Junge wie ein Bär ... “ in die psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses.
Nach gefühlten zwei Jahren dort, die Besuche meine Mutter wurden immer seltener, begann ich mich ab und an wie ein Mädchen anzuziehen.
Die Klamotten dazu tauschte ich mit Jane, die auch auf der Kinderstation lag, und ein Junge sein wollte.
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Ich ließ mir die Haare lang wachsen.
Jane schnitt ihre ab.
Jane wickelte mir Locken.
Ich rasierte ihr den Kopf.
Ich saß auf dem Schaukelpferd.
Jane drunter.
Ich aß Süßigkeiten und Eiscreme.
Jane die Verpackung.
Ich ging zu Bett, wie und wann ich wollte.
Jane schlief nie.
Jane spielte an mir.
Ich nie an ihr. Sondern an Oskar - bis Jane Oskar eines Nachts mit einer Plastiktüte erstickte. Ab da spielte ich dann an Max, während Jane in ein anderes Haus verlegt wurde und ich ihr lediglich vom Anstaltsgarten aus winken konnte ...
Wie ich später hörte, nahm ihr Irrsinn nach der Verlegung dramatische Züge an. Sie aß nicht mehr, nicht mal Verpackungen und verweigerte irgendwann auch das Trinken. Als Therapie legte man sie in eine Badewanne voller Eiswasser, und hoffte auf Besserung.
Als sie das Wasser ausgetrunken hatte, starb sie an einer Art rheumatischen Fiebers. Oder an Unterkühlung, da sie ihre Körpertemperatur nicht mehr selbständig halten konnte.
Als letzten Gruß und Erbschaft - sozusagen, erhielt ich ein selbst gezeichnetes Portrait von ihr. Darauf sah sie aus wie meine Mutter, als die am hiesigen Theater in der Rolle ’Gespenst in der Dunkelheit’ brillierte. Ich weiß das, denn ich besitze Fotos und Kritiken davon. Und es ist war und bleibt neben dem Portrait von Jane, wegen ihrem irisierenden Haar darauf, mein Lieblingsbild von ihr. Da bin ich ziemlich sicher. Warum man mir aber nachsagte ich sehe ihr ähnlich, weiß ich nicht. Ich finde, ich sehe schrecklich aus. Und heute mehr noch als früher.
Früher wollte ich deswegen nicht in die Schule. Lediglich die Androhung körperlicher Gewalt brachte mich dahin. Heute gehe ich bevorzugt in der Dunkelheit vors Haus. Auch ist meine Angst vor körperlicher Berührung zu nennen. Händeschütteln. Gar umarmen. Küssen. All diese Arten von Nähe ertrage ich nur, wenn ich es selber will - und eine kommode Waschgelegenheit in der Nähe weiß. Und da es das im Zusammenspiel nicht oft gab, wurde ich zu einem Wesen der Nacht - und meine Liebe zu den Geschöpfen der Dunkelheit begann. Und dort, in der Kirche des Satans, habe ich meiner Mutter auf dem Sterbebett versprochen, ich werde nie mehr straffällig ...
Unter den Sachen des Jungen finde ich eine Karte, auf der ein Name steht. Patrick. Und eine Telefonnummer. Wohl die der Eltern.
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Ich schleife Patrick an den Füßen in eine nahe Fichtenschonung. Lege ihn in einer Kuhle aus märkischem Sand ab. Sand, der blond wie sein Haar. Wie Ostseestrand. Lege ihn auf den Rücken. Falte seine Hände. Putze ihm mit einem Tempo und Spucke das Gesicht sauber. Gebe ihm einen Gute-Nacht-Kuss. Bedecke ihn vollständig mit Gras und Zweigen, bis mir die Puste ausgeht. Nehme seine Sachen, knülle die zusammen und presse sie in einen hohlen Baumstamm, der quer im Weg liegt. Mir fällt der wirklich blöde Spruch ’Ich habe fertig!’ dazu ein. Wobei ich weinen muss. Was aber keiner hat sehen können. Und so erwähne ich es später auch nicht. Auch nicht mein rheumatisches Fieber an dem Tag. Dass ich empfindlich gegen Kälte jeder Art bin.
Bevor ich in den Mietwagen steige, bete ich. Das ist mir anerzogen. Und ich werde es auch nie mehr los. Denn beten ist mir wie eine Treppe in den Himmel und mein einziger Weg Vergebung zu erlangen; sagte auch schon ’Heulsuse’.
Meine Erzieherin. Die irgendwann an einer unzureichenden medizinischen Versorgung gestorben ist. Und? - Bin ich etwa so was wie ihr Arzt?
’Heulsuse’ Suse war mit mir wie selbstverständlich vom Kinderladen in den Schülerladen gewechselt. Doch irgendwann reichte es ... Denn statt Frauen zu befreien, ruinierte sie mir mit ihrem perversen Tun über Jahre den Po. Auch wenn ich mich daran gewöhnt hatte, und ab irgendwann eine bestimmte Art Genuss am Spiel fand. Und der steigerte sich um ein Vielfaches, als ich ihr im Bastelraum eine Papierschere in den Hals rammte. Noch dazu, als sie anfing zu schreien. Erst aus voller Brust, dann piepsig schrill mitten in das viele Blut hinein, das wie Kirschsaft aussah. Und Blasen bildete. Dann Schaum war, der knisterte. Wie bald auch ihre nur von mir gehörten Hilferufe, als ich ihr den Ring vom Finger zog. Diesen Schinder meiner Jahre. Ich dann da draufspuckte und ihr den in den Mund steckte. Damit ihr Flehen aufhörte. Ihr Röcheln. Vor allem das Gestammel dieser Irren ...
„Suse, heul nicht, sondern halt endlich dein blödes Maul ...!“
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Im Jugendheim Veilchenhof, einem Kinderknast am Ende der Welt, nahm mich nach dessen eigener Aussage ein Vertreter ’Gottes’ in Empfang. Sie seien barmherzig, erklärte sich mir der Freigeist; es war der Rektor. Warum sollte ich ihm also nicht mein Leben anvertrauen ... Ein Fehler, wusste ich später. Doch da steckte ich selber so gut wie im Kollar.
Gleich nach der Begrüßung vom Rektor setzte man mich in einem grün gekachelten Raum in die Badewanne. Dort kauerte ich nackt auf dem rauen Boden und wurde von einem kräftig gebauten Pater, der sich dazu die Ärmel seiner Soutane hochgekrempelt hatte, eingeseift, vor allem mein Glied - und der mich anschließend kalt abgespritzt - wobei er zwischen meine Beine zielte und grinste.
Der Wasserschlauch, den er lässig in der linken Hand hielt, hatte aber auch noch andere Funktionen. Allerdings musste ich das erst noch lernen. Genau wie Dinge über diesen Pater, Dieter, der sich, als er mich kalt abspritze, unter der Soutane und mit der Frage „ ...was guckst du so blöd?“ selbst befriedigte.
Einige Wochen später taten wir es gemeinsam. „Sexualkunde!“ Nannte Dieter das gemeinsame Onanieren. Und ich tat es nicht ungern ... Doch auch hier: das Miteinander ist Lüge und Verrat gleichermaßen. Wie auch meine Sehnsucht nach einer heilen Welt. Einige Beichten später, wollte ich die von mir bisher gelebte Welt verändern. Meine Kindheitslügen. Die damalige Hölle zum heutigen Himmel stilisieren. Noch später dann den in mir wohnenden schwulen Katholiken, der sein Leben lang von Schuldgefühlen geplagt wurde. Ach, was wollte ich nicht alles.
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Das allererste Mal falle ich beim Freigang im Park um. Einfach so. Mir war vorher nicht schlecht, noch hatte ich irgendwas getan, was das Umfallen erklären oder rechtfertigen würde. Es war einfach so ...
„Du wichst zuviel!“ war Dieters Meinung.
„Blutarmut!“ mutmaßte der Rektor.
„Ich gebe ihm Rote Beete Saft zu trinken“ entschied Bruder Karl, der eine Krankenpfleger Ausbildung vorzuweisen hat, - geht das Gerücht.
Das zweite Mal kippte ich beim morgendlichen Zähneputzen aus den Pantinen. Ob es am grün gekachelten Waschraum lag, blieb mir als Frage. Oder am Zittern. Das dieses Mal meiner Ohnmacht vorausging. Den stechenden Kopfschmerzen ... Dem Müll in meinem Gehirn, wie der Rektor meinte.
„Er muss sofort ins Krankenhaus!“ beschied Bruder Karl.
„Stirbt er sonst?“ machte Dieter auf besorgt.
„Er könnte an seiner Zunge ersticken - sollte er nicht rechtzeitig gefunden werden ...“
Doch ich lebe. Zurzeit. Noch.
Und dann kommt das Gefühl wieder. Wie eine Attacke. Eine schmerzhafte Überraschung aus dem Nichts. Als Kribbelnd erst. Dann Zittern. Schwitzen. Die Unmöglichkeit Luft zu holen. Panik. Die im Kopfkino passiert. Und Bilder, die ich nicht haben will. Wie die von angstvollen Kinderaugen zwischen Sommersprossen. Todesahnungen. Dieser entsetzliche Film im Kopf. Erst Sekundenlang. Dann immer. Ein Gefühl - stickig und heiß. Und so was von dunkel, wie in einem Kilometer langen Tunnel. Wie in einem kaputten Fahrstuhl zwischen Sonne und Mond. Als würde mir irgendwer den Hals zudrücken. Dazu diese Kraftlosigkeit. Dann wieder fliegt mein Leben vorüber. Das Jetzt und Später. Meine Existenz in einer geschlossenen Abteilung. Gefesselt ans Bett. In eine Zwangsjacke gesteckt. Eine Gummizelle. In einer Menschenansammlung gefangen, die auf mich einprügelt.
Doch geheilt werde ich so nicht. Nicht mein Selbstbild. Die Gefühle. Wünsche. Nicht in Therapie. Denn da passiert gar nichts. Kein Trost. Nur weiter diese unerträglichen Hilfeschreie. Und Regeln; Fortschritt nicht möglich. Geblieben sind Sound und Bilder. Mein gieriges Verlangen. Diese Katastrophe. Für die ihr mich hasst. Ich weiß es. Und es wird sich nichts ändern. Nie.
Aus dem Fenster heraus füttere ich Tauben. Mit Brot. Reiße aus den klitschigen Scheiben kleine Stücke, spucke drauf, rolle die zu einer Kugel und werfe sie aus dem Fenster. Mich freut es, wenn die Tauben sich um die Brocken balgen. Wenn eine gewinnt. Und die anderen verlieren.
Mein Mitbewohner, ein langer Kerl, mit dürren Armen und Beinen der, wenn er das Maul auftut, so blöd wie lang daherkommt und der, wenn er seinen Kopf erst Mal durchs Gitter hat, auch seinen mageren Körper hindurch pressen kann. Und das auch tut. Der dann laut lachend auf dem Hof steht. Der mir dort, wie schon Tage zuvor angekündigt, eine Taube fängt. Die ich nicht haben will. Und als ich es nun wiederhole, ihm sage -, beißt er der Taube den Kopf ab, wie seinerzeit Ossy Osborn einer Ratte. Nur, dass der hier versucht den Kopf zu verschlucken. Kurz daraufhin röchelt und krampft er wie irre, wie ich auch an seinem hampelnden Kehlkopf sehe, fällt er um, das Gesicht blau angelaufen - und bleibt komatös liegen. Um von zwei herbeieilenden Wärtern an den Beinen gepackt und ins Haus gezerrt zu werden.
Wie am Ende die kopflose Taube zuckt, ausblutet und stirbt, - sterbe auch ich. Weil ich den Weg aus dem Tunnel nicht geschafft habe; meine Seele in der dunkelsten Stelle des Menschen angesiedelt ist, wie ein Gutachter unmissverständlich über mich behauptet.
„They tried to make me go to rehab and I said no, no, no.“
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Gehe mit der Gräfin essen. Dinieren, sagt man in ihren Kreisen.
Habe mir dazu das beste Lokal ausgesucht, dass ich kenne. Und ich kenne sie alle. So sitzen wir im ’Kardel’, den die Gräfin als Künstler (der war zu seiner Zeit ein berühmter Aktmaler, verriet sie mir) noch persönlich kannte und sich auch von ihm malen lies.
„Der war auch ein Entertainer der besonderen Art“, erzählt sie weiter, „der konnte nicht nur malen, der kannte auch die Zukunft ... und wurde deshalb von den Nazis ...“ Doch nicht nur deswegen stoppe ich ihr Weinen (beabsichtigt und frühzeitig) mit dem Überreichen eines super geschliffenen Einkaräters, lupenrein.
„Der hat Richard Tauber gehört! Er trug ihn im Gebiss einmal um die ganze Welt!“
„Gigantisch!“ ist die Gräfin begeistert.
Doch sie sieht auch ohne Einkaräter an der Hand hinreißend aus. Alles an ihr in Taubenblau, dazu einen Hut mit Schleier, wie der von der Königinnen Mutter persönlich. Dazu trinkt sie stilgerecht Sherry. Später dann direkt aus der Flasche, wobei ihr der Hut samt Perücke a la Karl Lagerfeld vom Kopf rutscht.
Doch begonnen hat der Schlamassel schon früher. Nämlich da, als der in taubenblau gehaltene Heißluftballon, den ich extra für die Gräfin und mich charterte, von einem Chapter Angeln mit Armbrüsten beschossen wurde, bis er platzte. Nun, man kann sich den Aufriss denken ... Also lies ich rasch den Rolls umspritzen - und Madame Gräfin war’s letztlich zufrieden.
„Sie sind ein hinreißender Gastgeber - und so aufmerksam!“
Was mich als Lob gerade von ihr riesig freut, und ich ihr deshalb im Überschwang meiner Gefühle (lang die Zunge ausgefahren) tief in die gepuderten Öhrchen küsse.
„Wenn Sie frei wären, liebste Gräfin, würde ich Sie auf der Stelle ehelichen!“
„ ... aber ... ich bin doch frei ...“ Sagt sie nach einigem Nachdenken.
„Darauf habe ich gewartet, Holde, lassen Sie uns den Priester kommen.“
„So soll es sein“, ist die Gräfin begeistert, „auch wenn der Altersunterschied zwischen uns ja eminent ist ...“
„Vergessen Sie den.“
Was sie auch sogleich tut, denn der Kapaun hat den Weg an unseren Tisch gefunden.
„Thomas!“ rufe ich deswegen den Maitre, „legen Sie bitte vor.“ Was er sogleich tut. Während der Sommelier den von der Gräfin ausgesuchten Wein anträgt.
„Ein Augenschmaus ...“
„Mit Bukett ... jede Blase ein Küsschen ...“
„Tres charmant.“
„Nicht wahr?“
Und dann habe ich sie mir unter dem Tisch auf den großen Zeh gespießt (ist der linke, mit der doppelt geriffelten Armani Wollsocke drüber, der sie immer voll abschröpft ...), dass sie die Augen verdreht, schwer atmet, ihr die mürben Brüste ins Innere der Korsage versacken und sie droht ohnmächtig zu werden, - als es ihr nach wenigen Sekunden explosionsartig kommt und sie (wohl deswegen) „ ...oh du meine Güte, was für ein geiles Dessert!“ kreischt. Ihr Schrei kommt so was von extrem, dass sie die vor dem ’Kardel’ pickende Bande Tauben aufschreckt - und wie ich später dazu sehe, zwei der verendeten Tiere direkt vor der Tür abstinken. Herrgott noch mal ... Tauben ...!
Ich dagegen finde mich vor dem schwarzen Gussgitter der Anstalt liegend wieder, von einem vollbärtigen Sanitäter in roter Jacke mit einer Backpfeife umsorgt der mich, nachdem er seine Mund zu Mundbeatmung einstellt, herrisch fragt, ob ich da drin gewesen sei - und mit dem Daumen nach Nord/Nord-Ost deutet, so ich in meinem Kursbuch für außergewöhnliche Fälle ersehen kann.
„Wieso n ’da drin’?“ frage ich deshalb zurück.
„Wegen der Explosion ... denn dann müssen Sie nämlich ziemlich weit geflogen sein!“
„Nein, nein!“ wehre ich den Typen ab, „ich war mit der Gräfin Sancoussi bei ’Kardel’ zum Essen!“
„Also doch!“ reagiert der Kerl sofort. Und schnürt mir nach einer erneuten satten Maulschelle die Hände mit einem Kabelbinder auf den Rücken.
„Sind Sie verrückt?“
„Nein - aber Sie!“ entrüstet sich der Typ.
„Sicher?“
„Sicher!“
Was für ein beschissener/scheiß beschissener Abend, heute Nacht! Und dann auch noch das Brennen beim Wasserlassen. Blasenentzündung, bin ich mir (ziemlich) sicher; da muss ich auch bald mal handeln, sonst kann das übel in die Hose gehen. So wie jetzt. Als mir die Seeche voll die Smokinghose versaut.
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Das ganze Leben besteht (so/wie/so) nur im ineinander) fließen einzelner Cut-Ups.
Punkt! Zweite Zeile ...
Und niemand kann aus diesem Gefängnis ausbrechen.
Dritte Zeile ...
Es ist wie im Film, wenn einzelne Szenen einfach (so) runtergespult werden. Montagetechnik. Wie von Gott gewollt. Oder vom Cutter des Streifens. Dem Regisseur. Zerschnittene, gefaltete Einzelstücke wie im synthetischen Kubismus. Ein Zeichensystem Materials, aus dem Material entsteht. Alles nichts weiter als ein Dispositiv von Lust, Freiheit, Beats und Loops.
Punkt! Absatz ... Einrücken ...
Und da, mitten hinein, du dann - mit deiner knallroten Clownsperücke - und hast alles kaputt gemacht. Doch ich will weiterhin gerettet werden, wenigstens so lange, bis ich als Cut-Up in meinem Dasein keine Rolle mehr spiele. Doch nun Ende ... für heute ... denn ich lebe morgen weiter. Und folge auch da dann meinem Schatten. Atme Vergangenheit in die Zukunft von gestern. Und weit über den Widerrist hinaus und mit voller Kraft in meine Unvollkommenheit hinein - um überhaupt mal einen Sattel aufliegen zu haben. Dabei müsste das doch locker gelingen, denn ich bin WU, das Pferd. Und Patrick WI, die Ziege. Also durchaus eine selbstbewusste Einheit, wir beide, wenn wir an kalten Tagen Seite an Seite im Stall beisammen stehen, um uns beim Breakdance aneinander zu wärmen.
Punkt!
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Ich habe mein (neu angeschafftes) Segway aufgeblasen. Werbespruch: “Wir verbinden, was trennt!“ So was kommt bei mir immer gut. Denn ich wünsche mir nichts mehr, als eben getrennt neu verbunden zu werden. Und das Gerät dazu ist ein voll edles Teil. In Gold. Bugatti, steht diamantenumkränzt protzig auf dessen Haube. Und so fährt es sich auch (lt. Prospekt).
Mein Grund dafür, gerade heute das Segway auszuprobieren, ist Monas Anruf. Sie klagt über Probleme sexueller Natur. Doch die hatte sie bei mir ja auch schon ... und ich bekomme, so habe ich jedenfalls gelesen, beim Segway fahren mächtig Blut in die Schwellkörper, - doch das macht die Probleme mit Mona nicht besser, ahne ich. Warum aber (mehr Blut), erschließt sich mir jetzt nicht. Müsste erst mal die Betriebsanleitung lesen. Doch dazu ist jetzt keine Zeit, denn Monas Problem wartet darauf gelöst zu werden. Und hoffentlich hat ihr bissiger Terrier Ausgang, bete ich nicht nur deshalb (in Vorfreude); denn mal wieder so richtig einen wegstecken, täte mir auch ganz gut.
Von Berlin über die A24 nach Hamburg (Pöseldorf - wo Mona wohnt) sind es mit dem Segway keine dreißig Minuten. Schneller wäre ich im ’Artemis’, dem einzigen behindergerechten Puff in Berlin auch nicht (FKK, Saunaclub und Wellness-Oase steht an dessen Front). Und das wiederum liegt am irren Stadtverkehr. Doch wem sage ich das.
Mona begrüßt mich mit verweinten Augen, feuchtem Kuss und einem herzhaften Griff in den Schritt.
„ ... in der Hand halte ich (hoffentlich) die Problemlösung“, meint sie.
„Bitte? Wie soll die denn sein?“
„Gleitöl! Eben mit der gelben Post gekommen ...“
„Welcher Marke?“
„GeilGel.“
„Ich rate dir zum Joydivision Slick’n’Slide - und wir können es gleich ...!“ Ziehe dazu mein way-by-way Fläschchen aus der Tasche - und bin in einer Nanosekunde aus der Hose.
„Bitte warte noch einen Moment“, sagt sie, „ich will dir vorher noch was sagen.“
„Was immer es ist, ich höre; soviel Zeit muss schließlich sein!“
„Lass uns hinsetzen.“
„Okay, wenn’s dauert, ziehe ich meine Hose eben wieder hoch ...“
„Hm, ja, - ich bin seit zweieinhalb Tagen wieder mit einem Mann zusammen.“
„Ach so ...“ tue ich auf schwer enttäuscht, „dann willst du überhaupt nicht mit mir ...“
„Doch, doch“, beschwichtigt sie, „ich will ja auch mein Problem mit dir in Natur testen.“
„Aber doch hoffentlich nicht mit GeilGel?“
„Eigentlich schon - doch zuvor will ich dir das Probleme erstmal schildern.“
„Du willst mir wieder sagen, das unser Zusammensein ein Desaster war? Das es NUR schrecklich war? Willst über deine Beschwerde gegenüber Uschi ’Nie mehr einen mit einem so langen Penis ...’ mit mir reden? Meinst du in echt ich weiß nicht, was du über mich denkst?’“
„Du hast schon Recht“, schluchzt sie, „das mit dem großen Penis habe ich wirklich gesagt ... ich begreife sowieso nicht, warum Männer immer eine großen Penis haben wollen ...“
„Aber ich habe nun mal einen, soll ich den deinetwegen etwa abschneiden?“
„Nein, nein, so war das doch nicht gemeint - ich brauche dich doch ...“
„Schon gut, schon gut - (ich kann Frauen einfach nicht weinen sehen), und was sind nun deine wirklichen Probleme?“
„Also der Mick, so heißt der ..., der hat nicht nur (auch) einen großen, der ist auch noch so merkwürdig gekrümmt. Und wenn der mich dann ... dann stößt er gegen meine Wirbelsäule; und ich bekomme neben den Schmerzen auch noch taube Beine!“
„Nur Beine?“
„Nein, in Wahrheit ist dann unten rum alles wie gelähmt!“
„Oh Gott, das ist ja der reinste Horror ...“
„Aber das ist noch nicht alles.“
„Was noch?“
„Er hat manchmal keinen... oh - wie ist das peinlich ... also so einen richtig harten ... der ist halb weich ... und so, so ... Und manchmal kommt er trotzdem ultraschnell; und manchmal wieder, da rammelt er mich wund ...“
„Und in welcher Stellung?“
„Keine Ahnung.“
„Wie, keine Ahnung?“
„Er gibt mir vorher immer ein Naturpräparat, damit ich mich entspanne.“
„Und du bekommst überhaupt nichts mit?“
„Doch, die Schmerzen schon und ... ab und an auch einen Orgasmus ... mehr so im Unterbewusstsein ...“
„Immerhin; bei mir hattest du immer einen!“
„Sogar sieben.“
„Du erinnerst dich?“
„Aber klar“, lacht sie, „es waren die schönsten Momente meines Lebens ...“
Und ich erinnere mich an den Witz mit den Chinesen:
“Eine Touristin lernt in Hongkong einen Chinesen kennen und geht mit ihm nach Hause. Dort kommen sie sich bald näher und gehen schließlich miteinander ins Bett. Der Chinese rammelt wie irre und als er fertig ist, steht er auf, geht ans Fenster, holt tief Luft - schreit uuaahh, kriecht unter dem Bett durch, krabbelt wieder unter die Decke - und weiter geht’s. Das wiederholt sich 6 Mal. Schlussendlich ist auch die Frau völlig kaputt und will deshalb den Trick auch probieren. Sie geht ans Fenster, holt tief Luft - schreit uuaahh und kriecht unters Bett. Kommt aber auf der anderen Seite nicht wieder raus, denn unter dem Bett liegen 6 Chinesen ...“
„Wie heißt dein neuer Kerl eigentlich mit Nachnamen?“
„Jagger!“
„Wie der Rocksänger?“
„...“
Dazu zeigt mir Mona ein Foto ... Und ich sehe darauf nicht nur sie (in Strapsen und Mieder von ’Parlez-moi d'Amour’), sondern auch Patrick, der genau wie ich geschminkt ist, der frech meine Tailor-Momsen Klamotten trägt ... mit Mona vor meinem Ferrari posiert ... meine Jerry Gailliano Uhr in seinen Händen dreht - mein Haus und meinen Pool mit seiner Anwesendheit belagert, dass es mich darüber sofort und übelst kotzwürgt - mir sauschlecht ist, als wäre so eben meine heile Welt endgültig untergegangen.
Für die Rückfahrt nach Berlin nehme ich abermals die A24. Nahe dem Ort Kremmen, Kfz-Kennzeichen: OHV, ich bin noch an die 200 Meter entfernt, stürzt auf der Gegenfahrbahn ein Kühllastzug samt Anhänger um. Ein andere LKW rast dem noch hinten rein; da bin ich auf einhundertfünfzig Meter ran und kann fast den wild grunzenden Schweinen in die treuen Augen sehen. Vom aufgeplatzten Kühltransporter dagegen fliegt die Ladung, Bananen an Staude (die praktisch nur Sekunden später nachreifen, wie ich sehe), überflutet die gesamte Breite beider Autobahnspuren und färbt die in Gelb. Wie die gelbe Flut im Witz vorhin, muss ich schallend lachen. Wie auch darüber, dass die Polen, wohl wegen des prima Klimas, statt Weizen nun Bananen anbauen um die zu exportieren. Ey, was für eine verrückte Welt. Während ich am Display vom Segway rasch den Steigflug einleite, um nicht im Bananenbrei stecken zu bleiben. Denn das bergen der nun schon teils matschigen Bananen durch die Feuerwehr kann ewig und drei Tage dauern. Und wer hat schon so viel Zeit? Ich nicht. Jedenfalls nicht in meiner ewigen Rolle als erfolgreicher Pick-Up-Artist und praktizierender Problemlöser sexhungriger Damen und Herren.
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Mit Patrick bin ich zum Curry- Wurst- Essen verabredet.
„Konopkes Landhaus ist der beste Laden in der Stadt. Und das sagt man nicht nur so, das stimmt“, erklärte Pat am Telefon.
Leider stürmt und regnet es wie Sau. Und die Straße liegt verdreckt wie das Förderband einer Müllverbrennungsanlage. Dafür von Patrick weit und breit nichts zu sehen. Stattdessen saust ein vom Sturm getriebener Regenschirm auf mich zu, trifft mein Gesicht und schlägt mir einen Zahn aus. Und das bei den Goldpreisen.
Ich suche nach dem Teil, finde es neben einer leeren Fischbüchse in Tomatensoße und deponiere es in einer der milchigen Plastiktüten, die zu Dutzenden für den Außerhausverkauf an der Imbissbude ausliegen - und der Typ, als ich ihn frage ob ich mir eine Tüte nehmen darf, nicht mal aufschaut, tut, als wäre ich Luft. Trotzdem muss ich lächeln - wegen seiner und meiner absoluten Entbehrlichkeit in dieser Welt. Denn kein Schwein grüßt hier, will irgendwas wissen, ist freundlich oder so. Es ist denen hier völlig egal ob du kommst oder geht’s, lebst oder stirbst. Nur bezahlen musst du, das ist wichtig. So ist alles easy geordnet und auch wieder nicht.
Neben mir steht ein an beiden Unterarmen mit einer Schlange tätowierter Typ in Jeans und Lederjacke mit einem Logo von Hermes dran, der mit einer Frau, die diverse Piercings an Lippe und Ohren hat, in krassem Slang über Musik labert ...
„Musste ma hörn, ey ...!“
„Wat n?“
„Dylan, ey!“ Während er in die Curry beißt, das es nach allen Seiten spritzt.
Sie „ ..die hättste ma liebers schneiden lassen sollen ...“ sagt.
„Wat n, wofür n? Ick ess die imma so ...“
Klar, denke ich, hier kommt das individuell Selbst voll auf seine Kosten. Und wenn es nur aus Currysoße auf der Hose besteht.
Inzwischen ist Sturm und warmer Regen vorüber - tröpfelt es nur noch, sagt der Mann in der Bude, der bis eben noch einer finnische Steineiche glich - und der sich aus irgendeinem Grund plötzlich öffnet. Kommt’s vom Schnaps? Sagt der was als Frage in meine Richtung „ ... auch n Beck’s Bier?“ als wenn er Gedanken lesen könnte. Auch gut, denke ich, und verrenke mir die Augen nach Patrick. Doch nichts ... Dafür fährt ein uralter Amischlitten vorbei, wie ich über die Currywurst gekrümmt aus den Augenwinkeln sehe, aus dem es plötzlich Teile von Geschirr schneit - und das genau auf einen nass gewordenen Hund der, wohl wegen der Nässe im Fell stehen geblieben, sich schüttelt und dabei die volle Ladung kaputten Porzellans abbekommt. Der entsetzt jault, um dann bellend davon zu laufen. Drei plärrende Kinder hinter sich.
„Was für eine Schweinerei ...!“ schimpft empört die Seele gewordene Steineiche aus dem warmen Chloroformdunst der Bude und reicht Kaffe und Kuchen an eine bucklige Blondine mit Schwanenhals.
Ich zahle, überquere die Straße, betrete den Buchladen ’Boockshop’ und fläze mich im ersten Obergeschoss in die einladenden Cartier-Ledersessel mit Blick auf die Currybude gegenüber, um Patrick nicht zu verpassen.
Wer im Buchladen unter einer der hundert ’Mag-Lite’ länger als eine Stunde aushält, lese ich in einem Flyer, bekommt alle Bücher ab fünfzig Euro aufwärts zum halben Preis und erhält dazu die Chance, sich mit einer der spirituell charmant angehauchten Buchhändlerinnen zum Essen zu verabreden.
Nun, für mich bedeutet das schwarze Licht der ’Mag-Lite’ keine Qual; ich könnte dort Stunden sitzen und so dutzende von Büchern heim schleppen. Leider bin ich kein Krill fressender Wal - ich warte auf Patrick. Und das nicht ohne Grund. Doch wieder Mal versetzt mich das Arschloch. Und ich sehe ihn fahruntüchtig in irgendeiner Stampe an seinem 700 Seiten Roman "Something is wrong … is terribly wrong!" schreiben. Höre ihn über Bären, Revolutionäre, Kartoffelsalat und über John F. Kennedys Besuch in Berlin-Schöneberg palavern. Und wie John F. mit wehenden Haaren in Dallas neben Jackie im Cabrio saß, als er, Patrick, ihn aus über 1.000 Meter hinweg im Auftrag der Mafia mit einer goldenen Winchester-Western erschoss.
„Einen Schuss“, wird er grölen, „einen magischen Schuss brauchte ich nur; nicht fünf - wie der dämliche Harvey Oswald ...“ Und den Oswald will er dann, zwei Tage später, als Jack Ruby verkleidet, inmitten von 70 Polizeibeamten und über 30 anwesenden Reportern mit einem Bauchschuss abserviert haben.
’Die Kugel durchschlug seinen Bauch, durchtrennte zwei Hauptvenen, die das Blut zum Herzen führt, die Milz, die Bauchspeicheldrüse und die rechte Niere.’
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Poppen und danach der Welt zuhören. Auf Kryptogramme weinen. Heulend unterm Stroboskop sitzen. Trinkfest sein - um im dunklen Meer der Leidenschaft zu ruhen. Credit Points sammeln, die ich aus dem Reich meiner Realitätsflucht dann nach Hause trage. Darunter (befindet sich heute) eine der bekanntesten Louis-XVI-Bergèren, ein heiliger Florian mit Wassereimer und ein Tabouret. Und ich bin sicher: Europas Sammler werden mich beneiden! Zudem dient mir Florians Wassereimer (64.500 Euro) als Schutz vor Bränden. Denn mal ehrlich, wenn man einen Feind hat, so wie ich diesen Kretin Patrick, dann ist man nirgendwo richtig sicher. Und genau das sollten auch Sie bedenken, bevor Sie sich aus einer Todesahnung heraus irgendwelche Menschen-Imitate anschaffen, sich einen Mauer- Stacheldraht- Himmel wünschen, endlose Betonwälder, Felder voller Kopfsteinblumen, einen metallenen Mond als Sonnenersatz. Um dann, im Pophimmel Luderland, in einem der voll gepfropften Doppeldecker U-Bahnwagons Backe an Backe mit anderen halluzinierenden Psychopathen regenhautartige Kondome aufzublasen. Doch ich verweigere jede Art fettes Brot. Mit Kruste oder ohne. Und auch weißes Fleisch in roh. Mag auch keine nass, feuchten Pommes mit Majo im Slogan von Mona: „Willst du vielleicht mal abbeißen, Süßer?“ Und ab null Uhr 27 gibt es dann auch noch rein vegetarisches Ketchup dazu, das warm angereicht wird. Welcher Idiot will dazu schon ja sagen. Nein, lieber wische ich Gefängnisflure, spiele Backlash Schuld und Sühne, Spießer und Heuchler, bin das Böse. Und denke daran, wie Manson den amerikanischen Alptraum realisierte. Wie er als Autor einer Drogen- Sex- Truppe der Welt blutige Tage bescherte, die zu Mythologien wurden. Schlachthäuser, in denen sich in Echtzeit die Medien um Rosemaries Baby austobten, während ein verwelkter Sommer ’Helter Skelter’ singend mit einer Gabel im Bauch einen halben dutzend Milchshakes schlürfte. Jemand auf dem Weg hin zu meinen Schmerzen „Du Opfer!“ brüllt, bis Regen fällt.
noch bin ich krank -
er hat das schlimmste hinter sich
sagt man
ein: gott sei dank
buchstabiere ich dagegen
ist ende im gelände
auch dass ich zu mager sei
einerlei
sieht aus wie aids
iss was gescheits
doch ich bekomm nichts runter
rauf nur und
mit jedem spucken bunter
all die chemie
fickt mich ins knie
lässt haare fliegen
zähne liegen
kotzte blut
die leberwerte
und ne niere
zittere wie blöde
als wär ich auf entzug
wie öde
denn noch bin ich krank
und fett im schlimmsten schweiß
die pillen werf ich weg
was keiner weiß
wer glaubt schon den doktoren
ihren zauberbergen scheiß
der blöden lunge akt
nein
hier passt kein wort zum anderen
pisst der achselschweiß noch selber
das ende
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Blutende Börsenpsychopathen, denen als Endzeitbotschaft die Frage ’Stillhalten oder Abstoßen’ aus dem Maul quillt.
’Poor Boys’, heißt die Dax-Band Parkett. Am Contrabass Patrick. Und schon wieder liebe ich diese blöde Sau wie mein Leben.
Ja, es gibt Momente, da muss ich die Scheiße zwischen ihm und mir fett krachen lassen; sehe in der Bildzeitung den geilsten Arsch der Welt und denke, ihn mir furios untertan zu machen. Alle Menschen zur Party mit Gurus, Monstern, Aliens und Patrick einzuladen. Und schon fühle ich seine dankbare Zuneigung als Hand in meinem Gesicht, doch ich fürchte mich nicht. Nicht, dass mein Herz einen Schlag mehr tut wenn seine Marco- Polo- Seele zu mir spricht, dieses vom tag- täglichen Live-Ticker längst ruinierte Ich.
Statt Freiheit einzufordern sehe ich Patrick aus meinem cremefarbenen Rolls Roys steigen, einen Gullydeckel in der Hand, um damit die Schaufensterscheibe mit den TV-Geräten im KaDeWe zu zertrümmern.
Trotz der wie irre jaulenden Alarmanlage greift er sich seelenruhig mehr als ein dutzend Flachbildschirme der Jubelmarke Bang & Olufsen BeoVision 10 - und ich werde richtig neidisch, denn mit der quadratisch schwarzen Glasfläche, die von einem ultra schmalen polierten Aluminiumrahmen eingefasst wird dessen Gestaltung nahezu eine optische Täuschung erzeugt, sieht man die Feuerkrawalle in London/England in einem ganz anderen Format. Und ich Frage mich ernsthaft, warum arbeitslose Jugendliche nicht auch solch eine Geräterevolution ihr Eigen nennen sollten, - wenn sie ansonsten von der Gesellschaft nur missbraucht werden? Auch weil die unauffällig auf der Rückseite des BeoVision angebrachte Wandhalterung es ermöglicht, den Bildschirm als Bild zu hängen; zum Beispiel als das beliebteste Poster der Welt, das Frank Zappa beim eleganten Kacken zeigt. Wieso eigentlich nicht? Denn man kann das Zappa-Poster bei Bedarf auch noch um bis zu 45° schwenken - wegen des hervorragenden Klangs und um die hochwertigen Lautsprecher und den integrierten Verstärker voll zu genießen ... Dazu verbraucht das Teil kaum was vom illegal gezapften Strom. Jedenfalls viel weniger, als jedes andere vergleichbare Heimkino. Und das wird, sollte es je zu einer Anklage wegen Diebstahls kommen, den Richter freuen.
Doch egal wie, Patrick greift beherzt ein zweites und drittes Mal bei Bang & Olufsen BeoVision 10 zu - ich übernehme den Rest. Während die Bullen in unsere Richtung Farbbeutel verschießen, in Windeseile eine gepanzerte Spritzwassersperre errichten, die der Rolls (mein Chauffeur Max sitzt übrigens am Steuer und Hund Easton im Fond, angeschnallt auf seinem Kindersitz, ... nur von Patrick keine Spur ...) dank eines elektronischen Feuchtigkeitsschutzschildes, den ich vor Tagen einer befreundeten Saudi- Arabischen Mirage F1 entliehen habe, durchbricht wie nichts. Ich mich zufrieden auf die von mir selbst gestrichene Fahrradritschka schwinge (ich strich das Teil übrigens mit Froschautolack grasgrün, dem Trend des Sommers, wie Karl Lagerfeld mir neulich beim Walk Out in Paris freundlich explizierte), zippe das schussfeste Tarnnetz (habe ich als Schnittmuster - Wasser rein, aufkochen, umrühren - von der thailändischen Armee abgekupfert und dann selber genäht) um ungesehen von dannen zu treten.
95
Und schon wieder zeigt die Uhr Weihnachten - und die hier herrschende Clique meint ich >>>
Ich wäre Gewalt gegen mich.
Ja, das sagen die.
Und - ey, kennst du ’die’?
Ja, ich kenne. Kenne sie alle.
Mehr als du dich und dich du und der dich und ich du der und ...
Und Patrick.
Bin deswegen in Schutzhaft.
Sagen die.
Präzise, oder?
Keine Maskierung. Oder?
Nirgendwo Täter, oder?
Alles Opfer!
Alle mehr Opfer als du und du und du und du und ich ...
Sagen die.
Wie wenn ein Mensch zum Patienten in der Psychiatrie gemacht...
Wegen der Erforschung einer psychischen Struktur, sagen die.
War ich - und bin mehr Wirklichkeit als du und du und du und du und ...
Ja, ich hatte alles, war alles. Und alles immer mehr als du.
Patrick!
Kommen sie mal mit. Sagt der.
Ich rieche ihn.
Kommen sie mal mit.
Die wollen mich umbringen!
Ich rieche es.
Nun kommen sie schon!
Die bringen hier um. Ich weiß es.
Muss ich deutlicher werden?
Sagen die -, fragen nicht, - sagen ... und das sagt er: Deutlicher!
Zu einem Gespräch ins Arztzimmer.
Deutlich - deutlicher!
Damit ich ihnen folge. Ihm deutlich nach folge.
Zum Gespräch ... einem ...
Nun kommen sie schon!
Gut, ich zeige meine Stärke. Ich ja! Ich folge ihnen.
Dem da. Ihm.
Dem Doktor!
Am Aufenthaltsraum vorbei. Immer rund herum.
Immer schneller. Weiter. Höher.
Renne ich.
Von wegen für verrückt erklären.
Ich nicht. Ich wollte ihnen nur etwas Poesie vorlesen.
Ihnen hier ...
Worte über Gewalt, - die voll Gewalt sind. Wie das erste Mal auf Station...
Die sind hier alle ein Fall für auf Station. Alle!
Renne ich. Weiter. Höher.
Um den Tisch.
... auch so kann Medizin sein.
Verrückt, einfach verrückt. Ohne Verluste. Wohin man auch tritt.
Nun kommen sie doch endlich!
Mit kleinem SIE unter großem ’verrückt’ sagt er das...
Dann lösen sie Alarm aus.
Er mit dabei.
Aber ich bin nur unter Verlust zu haben.
Nicht ganz oder nicht gar nicht - nicht ich.
Nicht halb, oder so.
Denn nur wenn ich will, will ich, wie ich will.
Wenn nicht, dann nicht!
Egal, wie lange die an mir rumklingeln. Und ob das Essen aus ist.
Interessiert mich nicht.
Mich nicht!
Dann erhalte ich einen Schlag ’Sorte heiterer Himmel’ auf dem Kopf.
Blute!
Hole einen Notarzt, der mich frei kämpft.
Ein Turm in der Schlacht. Der. Ein Schlachter.
Ein Bluter.
Ein Kopf mit einer Klingel daran - wie ein Bett ohne Notwehr, an das ich gefesselt.
Bin. Werde.
Eingesperrt. Angeschnallt.
Später geschlachtet.
Ente an Gans. Mit Rotkraut. Klößen.
Die mal reinschauen -, als ich ins Bett kote. Hungrig bleibe.
Zur so genannten Beobachtung bleiben muss.
Wegdämmere.
Halt, hier geblieben.
Denn auf allen vieren kommt der Killer ... die medizinische Macht.
Die zynische Macht an Patient in der Psychiatrie.
Ich gegen den Oberarzt.
Und schon verloren.
Nicht zum ersten Mal.
Hatte ich alles. Alles mehr als du.
War mehr Wirklichkeit als du und du und du und du und ...
Bin Gewalt gegen mich.
Sagen die.
Kennst du ’die’?
Ich kenne.
Kenne sie alle.
Mehr als du und du und du und du und ...
Bin deswegen hier.
Aus mit Maus.
Sagen die.
Nein. Sage ich!
Und meine Antworten sind Alarm in sich. Auf die frisch gesetzte Spritze.
Die von gestern, heute.
Morgen.
Immer.
Gespritzt, als ob das Essen nur mal eben so vorbeikommt.
Ich kann darauf verzichten.
Auf dieses Abmurksen mit Löffel ohne Gabel und Messer. Kacken in die Bettpfanne. Stundenlang in der eigenen Seeche liegen.
Jahre lang.
Freiwillige Beobachtung, sagt der Oberarzt zur Zwangseinweisung mit Zwangsbehandlung.
Scheiße, sage ich.
Sch ...!
Wie ein Schlag ins Gesicht.
Und erzähl mir nichts von ’guter Fassade’. Die habe ich längst verloren.
Wie meine Freiheit. Glück. Hoffen. Zukunft.
Weg.
Alles - weg.
Patient auf der Geschlossenen. Normalsituation.
Quak an Entenhausen.
Quak. Quak.
Eigentlich habe ich besseres zu tun.
Einen Wärter niederzuschlagen. Um zu türmen.
Um zu türmen. Einen Wärter niederzuschlagen.
Wo ist der Unterschied?
Was ist der...
Fürsorgepflicht.
Diese absurde Konstruktion Patient sein.
Nein! Ich will hier raus! Für mich verantwortlich sein. Nicht für die Welt.
Nur - nur, - nur für mich!
Aber.
Nicht Niederspritzen. Eingesperrt sein.
Körperverletzung durch Fixierung auf Kosten der Krankenkasse.
Diese wenig diskrete Gewalt. An der meine Seele stirbt.
Die mir mit Machtverlust droht.
Ich kann ihr Telefonat mit meiner Psyche hören. Geht so:
„Und an dem Ufer steh ich lange Tage, das Land der Griechen mit der Seele suchend.“ Ist von Goethe.
Als ob ich das nicht wüsste.
Idiot!
Es unterhalten sich Seele und Dingsda also in einer Art Geheimcode?
So, so...
Wo die Seele behauptet, vor der Psyche da gewesen zu sein.
In vierfacher Ausfertigung.
Und Stempel drunter.
Bums!
Das hat gesessen.
Als Nachschlag - und voll über Anstaltslautsprecher:
„Wenn ich dich habe, werde ich dich Wochen lang Zwangsspritzen - und
eben so lange kommst du nicht an die frische Luft!“
Das nenne ich Demokratie.
Meine Mutter soll auch dieser Meinung sein.
Sagt der Oberarzt.
Weil ich die Behandlung abgebrochen habe.
Im Hungerstreik bin.
Schlauch schlucken soll, muss, werde - um zwangsernährt zu werden.
Einen Einlauf zu erbitten. Ich.
Um nicht kotzen zu müssen.
Scheiße kotzen zu müssen.
Leute.
Mir reicht es.
Mein Gehirn und die Wirklichkeit im toten Winkel der Leere, Stille, Langeweile.
Sonntage - die nicht vergehen.
Also bin ich gestorben.
Sage ich mir.
Tod tot. Einfach so.
Obwohl das Bild vom Leben in mir schreit.
Mein Geist - in Ketten gelegt - rüttelt.
Das Herz in Hand- und Fußfesseln verkrümmt liegt.
Mein Schädelbruch kahl geschoren - wurde.
Die Augen von innen schwarz gefärbt.
Nase und Ohren verstopft.
Die Füße in Jutesäcke gesteckt.
Ich, ein perfektes Teil Biomasse in Käfighaltung.
Und alle wissen Bescheid.
Auch der ehemalige Papst.
Der wird zu seinem Geburtstag heilig gesprochen.
Irgendwann.
Ich wette darauf.
Der Teufel hält dagegen.
Mein Schutzengel schnaubt mich an: ’Pfui Deibel!’
Es brennt aus seinem Maul Flammenschlag.
Früher war ich Christ.
Christ sein haben sie mir im Folterland ausgetrieben.
Gott sei Dank!
Ich wäre sonst in Verzweiflung über Zwangspritzen an Panikattacken und im Verdauungstrakt durchdrehender Scheiße kollabiert.
So bin ich - nun nur zur Hälfte - Scheintod.
Denn um mich herum leben meine Zelle in anderen Zellen - und in allen Ehren - weiter.
Ja, hier herrscht Reinlichkeit vor.
Dazu spült man die Atemwege sauber.
Holt den Schleim aus dem Baum im Raum, lässt den unter kaltem Wasser abtropfen – und endlich im Abfluss versickern.
Natürlich bin ich dabei nicht alleine...
Die Videoschaltung davon und darüber läuft direkt - also ohne Umwege - in der Zentrale ein.
Dort sitzt der Ausschuss und befindet: Tod oder Teufel?
Oder Sicherheitsverwahrung hin zum Nimmerleinstag.
Mir egal.
Nur herein damit!
Schließlich ist Krieg.
Wissen sie, wann der begann? Frage ich.
Meinen sie mich? Fragt der zurück.
Ja, sage ich.
Bin ich Gott?
Beileibe nicht, sie führen sich aber so auf!
Obwohl er den Raum schon vor meinem Tobsuchtsanfall verlassen hat, soll das ein Nachspiel für mich haben. Und ich dachte, wenn man Tod ist herrscht Tonausfall.
Kein Stück von wahr -, es handelte sich lediglich um einen Kurzschluss in der Synapse.
Synopse, sagt er in den Saft der Spritze hinein, Kopf über meinen Arm gebeugt, als wolle er mich küssen.
Was soll denn das nun schon wieder?
Dieses Gequietsche.
Wie Ratte am Schwanz gezogen.
Ich werde aus dem Bett geholt und in den Hof geführt.
Solange es die Schwester erlaubt.
Leider habe ich keine solche...
Nur Zucht und Ordnung. Wie auch allerlei Denkzettel.
Für kleinere Vergehen zum Beispiel Trinkverbot, Toilettenbesuchverbot, Essverbot, Kotzverbot, Lebensverbot.
Für alles andere Strafen und Schikanen.
Und ein Befehl wie aus dem Nichts: „Soldat, nehmen sie sich eine Schaufel und graben ihr Grab!“
Ich bin süchtig danach.
Wegen des Wecken um vier Uhr und dem Verzicht auf Verständnis für irgendwas, und der Schikane des Liebesentzug für mich selber.
Dafür lerne ich, nein - liebe ich: Leitsprüche!, Scheinerschießung! und Grab graben!
Ich bekomme nicht genug davon.
Haben sie noch einen, Herr Doktor? Frage ich.
Doch der ist schon schlafen gegangen.
Schade ... nichts reicht wirklich aus ... nicht mal die täglich Portion Wahrheit.
Oder so was wie Luft in Tüten auf Psychiatrie. Geschlossenes Haus.
Hatte ich alles.
Alles mehr als du.
Und deswegen bin ich hier. Deinetwegen, Patrick.
Du Idiot!
Stand 11. August 2011 - Michael Koehn
Verlag/Agentur/Statements gesucht - m.koehn@literatalibre.de